Demos gegen Gesundheitspass und Impfpflicht in Frankreich
In Paris versammelten sich am Samstag Tausende Menschen, um gegen die verschärften Regelungen zu demonstrieren. Insgesamt waren in über 150 Städten, etwa in Toulon, Montpellier, Bordeaux, Marseille und Nizza, Demos angemeldet. Bereits an den beiden vergangenen Wochenenden waren über 100.000 Menschen auf die Straße gegangen.
In Paris zogen zwei Protestzüge durch die Straßen. Die Demonstranten, darunter auch viele "Gelbwesten", warfen der Regierung auf Plakaten unter anderem einen "Angriff auf die Freiheit" vor. Mehr als 3.000 Polizisten waren im Einsatz, unter anderem auf den Champs-Elysées, deren Hauptzugänge abgeriegelt waren, wie ein Fotograf der Nachrichtenagentur berichtete. Behörden rechneten für Samstagnachmittag mit etwa 160.000 Demonstrierenden im ganzen Land, wie französische Medien mit Verweis auf Polizeikreise berichteten.
Das französische Parlament hatte das Gesetz zur Verschärfung der Corona-Regeln am vergangenen Sonntag nach langem Ringen verabschiedet. Es tritt am 9. August in Kraft und sieht eine Corona-Impfpflicht für Gesundheits- und Pflegekräfte sowie Feuerwehrleute und andere Rettungskräfte vor. Anders als ursprünglich von der Regierung gewollt, droht Impfverweigerern in diesen Berufen allerdings nicht die Entlassung, sondern nur eine Aussetzung des Gehalts.
Beschlossen wurde auch eine Ausweitung des Gesundheitspasses, der Aufschluss über eine Impfung oder einen Negativ-Test gibt. Dabei soll nun erstmals eine Corona-Testpflicht für nicht Immunisierte in französischen Gaststätten und Fernzügen sowie Messen und Jahrmärkten greifen. In Kinos, Theatern oder Museen muss bereits seit 21. Juli eine Impfung, eine überstandene Infektion oder ein negativer Corona-Test nachgewiesen werden.
Die Opposition hat sich an den Verfassungsrat gewandt, um das Gesetz zu verhindern. Auch die Regierung legte dem Rat das Gesetz zur Prüfung vor. Der Verfassungsrat wird seine Entscheidung am 5. August bekanntgeben - also nur wenige Tage vor dem geplanten Inkrafttreten.
Frankreich kämpft momentan gegen eine vierte Corona-Welle. Pro 100.000 Menschen infizierten sich zuletzt innerhalb einer Woche landesweit etwa 214 Menschen neu. Nach der Ankündigung von Präsident Emmanuel Macron stiegen die Impfanmeldungen und auch die täglich gespritzten Dosen in Frankreich wieder deutlich an. Mittlerweile sind knapp 62 Prozent mindestens einmal gegen das Coronavirus geimpft.
Laut einer am Freitag veröffentlichten amtlichen Statistik ist ein überwältigender Anteil der Covid-19-Patienten, die in französischen Krankenhäusern behandelt werden, nicht geimpft: Rund 85 Prozent der Covid-19-Patienten auf den Normal- und Intensivstationen haben demnach keine Impfung gegen das Coronavirus. Zudem liege bei 78 Prozent aller Todesfälle nach einer Corona-Infektion keine Impfung vor.
Bei den Corona-Demonstrationen waren zuletzt Menschen aus verschiedensten Strömungen mitgelaufen. Diese Heterogenität und die Größe der landesweiten Proteste schüren in Frankreich auch Ängste vor einer neuen "Gelbwesten"-Bewegung. Die Proteste der "Gilets Jaunes" ("Gelbe Westen") richteten sich ab 2018 gegen die Reformpolitik der Mitte-Regierung und des Präsidenten Macron. Bei den Demonstrationen war es immer wieder zu Verwüstung und Gewalt gekommen.
Kommentare