APA - Austria Presse Agentur

Deutsche Regierung wegen Omikron unter Druck

Die rasante Ausbreitung der Virusvariante Omikron in Europa setzt auch die neue Bundesregierung in Deutschland unter Druck. Unklar ist, ob kurzfristig noch schärfere Corona-Maßnahmen ergriffen werden. "Wenn es noch im alten Jahr zu einem Hochlauf der Omikron-Welle kommt, müssen wir uns zügig beraten", forderte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) rasche Bund-Länder-Gespräche. Erneut kam es zu Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen.

In Nürnberg gingen tausende Menschen auf die Straßen. "Denkpflicht statt Impflicht" und "Nein zur Impfpflicht", hieß es unter anderem auf Plakaten der Demonstrierenden. "Die "Querdenker" haben zwischen 10.000 und 12.000 Teilnehmer mobilisieren können", sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Mittelfrankens. Zum Teil seien die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch überregional angereist.

Bei einer parallelen Kundgebung der bayerischen AfD in der Innenstadt, zu der auch die Fraktionsspitze im Bundestag, Alice Weidel und Tino Chrupalla, erwartet werden, zählte die Polizei rund 2.000 Menschen. In der Umgebung protestierten demnach ähnlich viele Gegendemonstranten. Linke Gruppen zogen auch unter lauten Rufen durch die Stadt. Darüber hinaus formierten sich im Stadtzentrum laut Polizei rund 100 Bürgerinnen und Bürger zu einer "Menschenkette für Menschenrechte". Mit Kerzen wollten sie an die Corona-Toten erinnern und ein Zeichen für Solidarität und gegen die Feinde der Demokratie setzen.

Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz sank unterdessen erneut. Das Robert Koch-Institut gab am Sonntagfrüh den Wert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche mit 315,4 an - am Samstag lag er bei 321,8. Allerdings befürchten Experten wegen der ansteckenderen Omikron-Variante eine baldige Trendumkehr. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft warnte vor einer Verschärfung der Lage in den Kliniken.

In anderen europäischen Ländern verbreitet sich Omikron extrem schnell. In den Niederlanden gilt seit Sonntag ein neuer strenger Lockdown. Auch Dänemark fährt große Teile des öffentlichen Lebens wieder herunter. Durch die blitzschnelle Ausbreitung der Variante hat sich die Lage auch in Großbritannien in den vergangenen Tagen zugespitzt. Die Einreise aus Großbritannien nach Deutschland wird deswegen ab Montag drastisch eingeschränkt.

Großbritannien gilt dann als Virusvariantengebiet. Für Einreisende gilt eine zweiwöchige Quarantänepflicht - auch für Geimpfte und Genesene. Sie kann nicht durch negative Tests verkürzt werden. Fluggesellschaften dürfen im Wesentlichen nur noch deutsche Staatsbürger oder in Deutschland lebende Personen von Großbritannien nach Deutschland befördern. Es handelt sich aber nicht um ein Flugverbot. Die Regel gilt auch für den Bahn- oder Schiffsverkehr.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann fühlt sich jedenfalls schlecht von der neuen Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP informiert. Er habe noch keinerlei Informationen über die Omikron-Variante vom neu eingesetzten Expertengremium der Regierung erhalten, sagte er. "Die Zeit drängt, deshalb erwarte ich, dass wir zügig einen Stand bekommen. Wenn man so ein Gremium einsetzt, müssen die Infos auch ankommen", sagte der Grünen-Politiker. Ein Bericht des Expertengremium wird bald erwartet.

Kretschmann sagte, er sei sehr alarmiert über das, was er mit Blick auf Omikron höre. "Aber wir sind da auf die Einschätzungen der Experten angewiesen. Was heißt das für den Impfschutz? Wann rechnet die Wissenschaft damit, dass Omikron dominant ist? Das müssen wir wissen, aber das kann ich nicht selber bewerten." Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sagte: "Wir müssen die Ausbreitung von Omikron so lange wie möglich verhindern und maximal verlangsamen, damit sich noch mehr Menschen impfen lassen können."

Ein hohes Impftempo ist zentraler Baustein in der Strategie der neuen Bundesregierung. Der Leiter des neuen Corona-Krisenstabs im Kanzleramt, Generalmajor Carsten Breuer, zeigte sich zuversichtlich, dass das Regierungsziel von 30 Millionen Impfungen bis zum Ende des Jahres erreicht werden kann. Seit Mitte November seien mehr als 24,4 Millionen Menschen geimpft worden. Jetzt seien noch knapp zwei Wochen Zeit. "Die 30 Millionen sind zu schaffen", sagte Breuer der "Bild am Sonntag". Berechnet wird das Impfziel ausgehend von einer Bund-Länder-Runde am 18. November. Das Tempo müsse auch in der Weihnachtszeit aufrechterhalten werden.