APA - Austria Presse Agentur

Deutschland ruft vor G7-Gipfel zu Kampf gegen Hunger auf

Kurz vor dem G7-Gipfel in Elmau ruft Deutschland zum Kampf für die weltweite Nahrungssicherheit auf. "Es ist eine Hungerkrise, die sich wie eine lebensbedrohliche Welle vor uns auftürmt", sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) anlässlich einer internationalen Konferenz am Freitag in Berlin. Wegen Klimawandels und Corona-Pandemie seien rund 345 Mio. Menschen von Nahrungsmittelknappheit bedroht. Russlands Angriffskrieg habe aus einer Welle einen Tsunami gemacht.

Wegen ausfallender Getreideexporte der Ukraine infolge des russischen Krieges gegen das Land wird in einigen Staaten, etwa in Afrika und Asien, mit einer knappen Versorgung gerechnet. Geringere Mengen haben die Preise auf den Weltmärkten hochgetrieben. International gibt es Bemühungen, angesichts russischer Blockaden der Seehäfen im Schwarzen Meer alternative Transportwege für Exporte der Ukraine zu schaffen. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte deutlich gemacht, dass vom G7-Gipfel in Elmau von diesem Sonntag an die Botschaft ausgehen solle, dass die Demokratien der Welt im Kampf gegen den Hunger zusammenstehen.

Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) sprach sich dafür aus, neben dem akuten Bemühen um Ausweichwege etwa über die Schiene und die Donau dauerhafte Alternativrouten für Getreideausfuhren zu schaffen. Damit könne auch erreicht werden, dass die Ukraine nach einem Ende des Krieges nicht erpressbar sei. So lange der russische Präsident Wladimir Putin an der Macht sei, müsse man davon ausgehen, dass das Schwarze Meer auf Dauer kein sicherer Weg sein werde. Es wäre zudem ein Signal zur Beruhigung der Weltmärkte, wenn größere Mengen sicher abtransportiert werden könnten. Özdemir wies zugleich darauf hin, dass Kapazitäten auf alternativen Wegen begrenzt und teuer seien.

Baerbock kritisierte: "Russland nutzt Hunger ganz bewusst als Kriegswaffe und macht die ganze Welt zur Geisel." Sie rief auch zu stärkerer finanzieller Unterstützung für internationale Hilfen gegen den Hunger auf. "Es werden über 44 Milliarden Euro dieses Jahr gebraucht, die erst zur Hälfte finanziert sind." Zu der Konferenz in Berlin hätten kurzfristig rund 50 Delegationen zugesagt, etwa 40 Ministerinnen und Minister seien gekommen, sagte Baerbock. Es handle sich nicht um eine Geberkonferenz. Ein wichtiger Zweck der Beratungen sei es, die verschiedenen Akteure zusammenzubringen.

Eingeladen hatten Baerbock, Özdemir und Entwicklungsministerin Svenja Schulze. Die SPD-Politikerin erläuterte, rund 400 Millionen Menschen weltweit würden normalerweise mit Lebensmitteln aus der Ukraine versorgt. In vielen Ländern blieben diese Lieferungen jetzt aus, noch mehr Länder litten unter den hohen Weltmarktpreisen infolge des Krieges. "Es sind wie immer die Ärmsten, die am stärksten leiden." Die Bundesregierung werde in diesem Jahr insgesamt rund vier Milliarden Euro zur Bekämpfung des Hungers weltweit investieren.

Es gehe auch darum, die nächste und übernächste Ernährungskrise zu vermeiden, erläuterte Schulze. Nötig seien mehr Anbau von stärker klimaangepassten Sorten wie Hirse in Entwicklungsländern, mehr Lagerkapazität vor Ort und mehr regionaler Handel. Özdemir sprach von einer "mehrdimensionalen Kriegsführung" Putins. Sie ziele darauf, die Ukraine zu besiegen, führe einen Hungerkrieg gegen den globalen Süden und einen Energiekrieg gegen die EU. Die Botschaft sei daher auch: "Wir werden uns nicht von Putin einschüchtern lassen. Jetzt geht es auch darum zu zeigen, aus welchem Holz wir geschnitzt sind."

Die Hungerkrise war auch Thema eines G7-Außenminister-Treffens am Freitag in Berlin. Vier der sieben Ressortchefs waren anwesend, drei virtuell zugeschaltet. Der G7-Gruppe der großen Industriestaaten gehören auch die USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Italien und Japan an. Deutschland hat derzeit den Vorsitz und ist Gastgeber des G7-Gipfels in Schloss Elmau in Bayern von Sonntag bis Dienstag.