APA - Austria Presse Agentur

Deutschland will EU als Ratspräsident aus Krise herausführen

Die deutsche Bundesregierung hat am Mittwoch das Arbeitsprogramm für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft beschlossen, die in der kommenden Woche beginnt. Als wichtigste Aufgabe sieht sie die Bewältigung der Coronakrise. Ziel sei, dass "Europa gestärkt aus der Krise hervorgeht", erklärte Außenminister Heiko Maas (SPD).

Das Kabinett beschloss ein 24-seitiges Programm. Darin wird der am 1. Juli beginnende sechsmonatige Vorsitz unter das Motto "Gemeinsam. Europa wieder stark machen" gestellt. Mit der Corona-Pandemie stehe die Europäische Union "vor einer schicksalhaften Herausforderung", heißt es in dem Programm. Maas rief zur Solidarität mit den besonders von der Krise betroffenen Staaten auf. Als weitere Schwerpunkte der Ratspräsidentschaft nannte er Klimawandel, Flucht und Migration, Rechtsstaatlichkeit und Digitalisierung.

Die Bewältigung der Coronakrise werde "von uns allen große Anstrengungen und auch schwierige Entscheidungen" erfordern, erklärte Maas. "Die Corona-Pandemie hat einige Länder in der Europäischen Union schwerer getroffen als andere, aber die wirtschaftlichen und sozialen Folgen betreffen ganz Europa." Den Weg aus der Krise werde Europa "nur gemeinsam schaffen".

Die EU-Kommission hatte bereits einen Wiederaufbaufonds mit einem Volumen von 750 Milliarden Euro vorgeschlagen. Dem Vorschlag zufolge sollen 500 Milliarden Euro als Zuschüsse fließen, die von den Empfängern nicht zurückgezahlt werden müssen, und 250 Milliarden Euro als Kredite. Mehrere EU-Länder lehnen dies allerdings strikt ab. Die Nettozahler-Allianz der "Sparsamen Vier" - Österreich, Niederlande, Schweden und Dänemark - will ausschließlich auf rückzahlbare Kredite setzen. Eine der Herausforderungen der künftigen Ratspräsidentschaft wird es sein, hier eine Einigung zu ermöglichen.

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) bezeichnete die Umsetzung des Wiederaufbauplans als eine der zentralen Aufgaben für die deutsche Ratspräsidentschaft. "Wir müssen den Wiederaufbauplan umsetzen und die Unabhängigkeit in Europa stärken", erklärte er nach der Kabinettssitzung.

Wichtige wirtschaftspolitische Ziele des Arbeitsprogramms seien die Stärkung des EU-Binnenmarkts und der europäischen Industrie, die "Offenhaltung von Märkten auf Basis regelbasierten Handels" und der Abbau von Bürokratie, erklärte Altmaier.

Außenminister Maas betonte, dass sich Deutschland als EU-Ratspräsident als "Motor und Moderator" in Europa verstehe. "Unsere Aufgabe wird es sein, Brücken zu bauen und Lösungen zu finden, die am Ende allen Menschen in Europa zugute kommen."

Die Delegationsleiterin der österreichischen Grünen im Europaparlament, Monika Vana, forderte, Deutschland müsse die europäische Integration entschieden vorantreiben. Ein starker EU-Finanzrahmen und ein solidarischer Corona-Aufbauplan hätten höchste Priorität. Der europäische Rat muss in den kommenden Monaten auch die Weichen für eine klimaneutrale und soziale Zukunft Europas stellen.

Vana begrüßte, dass die deutsche Ratspräsidentschaft die Einführung eines europäischen Mindestlohns zur Priorität erkläre. "Auch bei der Einführung der europäischen Arbeitslosenrückversicherung haben wir angesichts der Coronakrise keine Zeit zu verlieren." Die EU-Richtlinie zur Lohntranzparenz müsse dieses Jahr verabschiedet werden. Nachdem die kroatische EU-Ratspräsidentschaft die Rechtsstaatsverfahren gegen Ungarn und Polen hinausgezögert habe, müsse die deutsche Ratspräsidentschaft diese mit Nachdruck verfolgen.