Die Genese der Zwölftonmusik im Schönberg Center

Ulrike Anton ist seit März neue Leiterin des Arnold Schönberg Centers
Das Arnold Schönberg Center in Wien begeht im März unter seiner neuen Leiterin Ulrike Anton sein 25-jähriges Bestehen mit einer Reihe von Veranstaltungen. Eingebettet in das Programm ist auch eine Schau, die sich ab Mittwoch mit jener Erfindung des Komponisten beschäftigt, mit der er wohl am häufigsten assoziiert wird: die Zwölftonmethodik. 99 Exponate - von Notenblättern über Briefe bis Zeichnungen - beleuchten auf kleinem Raum den musikgeschichtlich revolutionären Ansatz.

"Schönbergs Methode wird für Laien anschaulich erklärt, aber auch das Fachpublikum kann hier vieles entdecken", versprach Anton, die sich erstmals in ihrer neuen Funktion öffentlich vorstellte. Als für die Zwölftonmusik gewissermaßen magisches Jahr nannte Kurator Eike Feß 1923, womit sich ein rundes Jubiläum als Ausstellungsanlass anbietet. Mit einem Stück für Bläser habe Schönberg (1874-1951) in diesem Jahr die Zwölftonmethode, eine Abkehr der bisher traditionellen Dur-Moll-Harmonik, als Verbindung zwischen den Errungenschaften zeitgenössischer Tonsprache und einer jahrhundertealten musikalischen Tradition zur ausgereiften Methode gebracht.

Der erste Teil der Ausstellung, die neben einer biografischen Zeitleiste mit vielen Zitaten Schönbergs auch Dutzende Musik- und Textmanuskripte, Zeichnungen, Briefe, Fotos, Druckwerke und via Tablets digital animierte Partituren versammelt, will die schrittweise Entwicklung von "Schönbergs Neuordnung der Musik", wie die Ausstellung im Untertitel heißt, nachvollziehbar machen. Chronologisch spannt sich der Bogen von ersten kompositorischen Experimenten bis zum endgültig formulierten Kompositionswerkzeug inklusive Reihentafeln und Drehscheiben. Feß unterstrich aber, dass mit 1923 keinesfalls der Endpunkt des Zwölftonprinzips gewesen sei, sondern dieses immer weiterentwickelt habe. Welche Richtungen Schönberg danach einschlug, verdeutlicht der zweite Teil "eklektisch anhand von ausgesuchten Werken".

Es geht dem Kurator aber noch um einen weiteren Aspekt, der mit dem posthum von seinem Schüler Josef Rufer überlieferten Zitat Schönbergs zu tun hat, er habe "etwas gefunden, das der deutschen Musik die Vorherrschaft für die nächsten hundert Jahre" sichere. "Wie kommt ein österreichischer Komponist jüdischer Herkunft zu so einer Aussage vor dem Hintergrund seiner Erfindung?", fragt sich Feß. Der Zusammenhang erklärt sich in einem Brief Schönbergs an seine enge Vertraute Alma Mahler aus 1921. Damals wurde Schönberg auf Sommerfrische in Mattsee (Salzburg) Zielscheibe antisemitischer Angriffe und floh nach Traunkirchen. Dort schuf er ein Stück ("Suite für Klavier op. 25"), das laut Feß eigentlich schon alles in Sachen Zwölftonmusik beinhaltete und von dessen visionärer Bedeutung auch sein Schöpfer überzeugt war. "Was ganz Neues! Die Deutscharier, die mich in Mattsee verfolgt haben, werden es diesem Neuen ... zu verdanken haben, dass man sogar sie noch 100 Jahre lang im Ausland achtet...", schrieb er an Mahler. Diese ironischen wie bitteren Zeilen ließen die überlieferte Aussage in gänzlich anderem Licht erscheinen, so Feß.

Die Ausstellung ist Teil des Jubiläumsprogramms des Arnold Schönberg Centers, das in den kommenden Wochen eine Reihe von Konzerten und Veranstaltungen bietet. Die neue Leiterin Anton, seit Monatsbeginn im Amt, ist derzeit noch in der Einarbeitungsphase und will nicht zuletzt beim großen Feierregen 2024, wenn der 150. Geburtstag Schönbergs ins Haus steht, ihre Handschrift hinterlassen. Wobei sie gegenüber der APA betonte, dass sie wenig Anlass für große Umbrüche im Haus sieht. Das Center leiste hervorragende Arbeit. "Wieso soll man eine Erfolgsgeschichte zu sehr in eine andere Richtung treiben, wenn die jetzige Richtung zu 100 Prozent stimmt?" Als Ziel nennt die Neo-Chefin jedenfalls eine verstärkte internationale Ausrichtung - auch mit Blick auf das Schönberg-Jahr. Und auch das Weitertragen von Schönbergs Schaffen an die junge Generation und das stärkere Fokussieren auf Komponistinnen - etwa Schönbergs Schülerinnen - seien Anliegen, verriet sie.

Von der bisherigen Leistung des Schönberg Centers zeigte sich Anton heute jedenfalls beeindruckt. Immerhin habe man seit 1998 180.000 Besucherinnen und Besucher bei 24 Ausstellungen und mehr als 1.000 Veranstaltungen begrüßen dürfen. Zudem nutzten 1.500 Wissenschafterinnen und Wissenschafter aus 31 Ländern die Möglichkeit, im Archiv zu forschen.

(S E R V I C E - "Komposition mit zwölf Tönen. Schönbergs Neuordnung der Musik" im Arnold Schönberg Center Wien, ab Mittwoch und bis 23. Dezember, Begleitkatalog 27 Euro, Info und Veranstaltungsprogramm unter www.schoenberg.at)

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