APA - Austria Presse Agentur

Die Preise fürs Wohnen laufen den Einkommen davon

Mieten und Immobilienpreise legen in Österreich viel stärker zu als die Einkommen. Das finden neun von zehn Österreichern. Dass es sich da nicht nur um ein Gefühl handelt, zeigt laut Erste Bank die Statistik: Seit 2008 seien die Häuserpreise fast dreimal und die Mietpreise (Neuvermietungen) doppelt so stark gestiegen wie das Haushaltseinkommen. Erste-Bank-Chef Peter Bosek sieht das problematisch.

Schon jetzt halten 53 Prozent der Österreicher Wohnen für nicht mehr leistbar. Das ergab eine bundesweite Integral-Umfrage unter 1.800 Österreichern im Auftrag der Erste Bank und Sparkassen heuer im Juni. Düster sehen die Umfrageteilnehmer auch in die Zukunft: Drei Viertel schätzen, dass Wohnen im Jahr 2030 kaum mehr bezahlbar sein wird. Der wirkliche Engpass seien die Grundstücke, sagt Bosek. Damit stiegen die Preise für Baugründe weiter an. Zudem strömt viel Kapital in Immobilien-Investments, weil wegen der tiefen Zinsen andere Anlagen uninteressant sind. Eine Blase sieht man in der Ersten dennoch nicht - mittelfristig wohl aber gesellschaftliche Implikationen.

Üblicherweise sollten die Wohnkosten maximal 30 Prozent des Einkommens ausmachen. Doch heute verschlingen die Kosten für die eigenen vier Wände bei vielen deutlich mehr. Für junge Menschen wird es immer schwieriger, zu vernünftigen Preisen Wohnraum zu kaufen oder zu mieten, sagten Bosek und sein Vorstandskollege Thomas Schaufler am Mittwoch. Ein zusätzliches Problem sei, dass immer mehr befristete Mietverträge im Markt sind: Zwischen 2008 und 2018 ist laut Wohnstatistik 2019 der Statistik Austria deren Anteil von 30,2 auf 45,8 Prozent angestiegen. Vermieter wollten so Verträge limitieren, um künftige Preissteigerungen noch besser ausnutzen zu können.

Besonders am Hot Spot Wien, wo die Bevölkerung via Zuzug stark wächst und 2027 die 2-Millionen-Einwohner-Marke erreicht sein soll, trifft das alles zu: Denn während im Österreichschnitt 48 Prozent Wohnungseigentum haben und 43 Prozent zur Miete wohnen, wohnen in der Bundeshauptstadt nur 22 Prozent in Eigentumswohnungen bzw. -häusern, der weitaus größte Teil zur Miete. Größter Anbieter mit 220.000 Gemeindewohnungen ist die Stadt Wien.

In Summe leben in Österreich sechs von zehn Mietern in einer Genossenschafts- oder Gemeindewohnung. Zur Zeit fehlen pro Jahr stattliche 7.000 günstige geförderte Wohnungen, rechnet die Erste vor. Damit schießen laut Bosek gerade im bis vor kurzem günstigen und mittleren Segment die Immobilienpreise durch die Decke. In Wien ist mittlerweile auch das Umland im Süden und Norden ein teures Pflaster geworden. "Für Jungfamilien mit zwei Kindern, auch wenn beide arbeiten gehen, ist das nicht leicht zu stemmen."

Eine Möglichkeit, den stetig steigenden Mieten zu entgehen, ist nach Bankangaben der Kauf einer Immobilie, die niedrigen Zinsen böten eine Chance, Investitionen vorzuziehen. Die Preisanstiege machten es allerdings nicht einfach, noch leistbare Eigentumswohnungen zu finden. Die Familie mit zwei Kindern, die 100 Quadratmeter suche, zahle da bald eine halbe Million Euro. Dieser Jungfamilie würde Bosek zur Zeit jedenfalls raten, eine Wohnung zu mieten.

Mit etwas Ausdauer, so die Erste, sind zur Zeit geförderte Eigentums- oder Genossenschaftswohnungen zu haben. Über die niedrigen Zinsen seien etwa die Eigenmittelkredite für Genossenschaftswohnungen günstig zu finanzieren. Eine Lösung wären außerdem Baurechtsvarianten bzw. "Baurechtseigentum", so die Erste Bank, die darin einen Beitrag sieht, dass Grundstücke über längere gestreckte Finanzierungen und damit auch die Wohnraumbeschaffung günstiger werden.