APA - Austria Presse Agentur

Diesel-Prozess gegen Ex-VW-Chef Winterkorn erneut verschoben

Der Beginn des Diesel-Betrugsprozesses gegen den früheren VW-Konzernchef Martin Winterkorn verzögert sich mindestens um weitere fünf Monate. Das Braunschweiger Landgericht in Deutschland kündigte am Mittwoch eine entsprechende Verschiebung an. Statt am 20. April solle die Hauptverhandlung in dem zentralen strafrechtlichen Verfahren zur Aufklärung des Abgasskandals nun erst am 16. September anlaufen, hieß es.

Schon zuvor hatte es eine Vertagung um rund zwei Monate gegeben, ursprünglich war der Auftakt für Ende Februar vorgesehen gewesen.

Grund ist die unsichere Corona-Lage, die Präsenztermine im Saal mit vielen Teilnehmern und dem erwarteten großen öffentlichen Interesse schwierig macht. Der Prozess wurde deshalb bereits vom Gericht in die Stadthalle von Braunschweig verlegt. Man richte sich auch nach der "Bewertung, die die Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder in ihrer jüngsten Videoschaltkonferenz vom 22.03.2021 angestellt haben", erklärte die zuständige Kammer. Bestand hat weiterhin die Planung, dass es mehr als 130 einzelne Verhandlungstermine bis Mitte 2023 geben soll.

Neben Winterkorn sind vier weitere, teils ehemalige, VW-Führungskräfte angeklagt. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen gewerbs- und bandenmäßigen Betrug im Zusammenhang mit den Abgas-Manipulationen an Millionen Autos vor, die 2015 die Dieselkrise ausgelöst hatten.

Bereits zum Jahresbeginn hatte es Hinweise darauf gegeben, dass das Gericht die Hauptverhandlung verschieben könnte - möglicherweise auch wegen des Gesundheitszustands von Winterkorn (73). Die Kammer hatte sich zu dessen Verhandlungsfähigkeit von einem Gutachter beraten lassen. Es war nicht klar, ob er regelmäßig würde erscheinen können - Winterkorn soll nach Angaben aus seinem Umfeld angeschlagen sein.

Zur aktuellen Vertagung bezogen sich die Richter auf die Pandemie-Situation: Obwohl der zunächst angepeilte Start von den jüngsten Corona-Beschlüssen nicht direkt betroffen sei, erscheine es doch "sachgerecht", auf einen späteren Termin auszuweichen, damit der Gesundheitsschutz für alle Beteiligten gewährleistet sei.

Im September 2015 hatte Volkswagen nach Prüfungen von Behörden in den USA Manipulationen an Abgaswerten zugegeben. Die Software bestimmter Motoren war so eingestellt, dass auf der Straße deutlich mehr giftige Stickoxide ausgestoßen wurden als in Tests. Die Enthüllungen traten den Abgasskandal los, der den Konzern bis heute weit über 30 Milliarden Euro an juristischen Ausgaben kostete. Darüber hinaus erfasste eine tiefe Vertrauenskrise die gesamte Autobranche.

Winterkorn war schnell zurückgetreten. Er sei sich jedoch "keines Fehlverhaltens bewusst", sagte er damals. Vor einem Untersuchungsausschuss des Bundestags betonte er ebenfalls, nichts von illegalen Täuschungen gewusst zu haben. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig klagte ihn nach langwierigen Ermittlungen dennoch an. Zwischenzeitlich hatten Gerüchte über eine Einstellung des Verfahrens die Runde gemacht, weil die Ankläger in einigen Punkten nacharbeiten mussten.