APA - Austria Presse Agentur

Doku "Nasim" über das Leben im Flüchtlingslager Moria

Mit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs und des daraus resultierenden Flüchtlingsstroms sind die Bilder von Geflüchteten aus dem arabischen Raum in den Hintergrund gerückt. Der Film "Nasim" von Ole Jacobs und Arne Büttner, der am Freitag bei Crossing Europe in Linz Premiere hat, zeigt Eindrücke aus dem Lager Moria auf Lesbos. Die Filmemacher haben sich monatelang dort aufgehalten, mit Restriktionen seitens der Behörden gekämpft und den Alltag einer Betroffenen festgehalten.

Büttner und Jacobs kamen im März 2020 nach Lesbos, zunächst mit journalistischem Auftrag. "Vom ersten Tag an waren wir sehr geschockt" von den Umständen, unter denen dort viele Familien lebten, schildert Jacobs im APA-Gespräch. Anfangs seien etliche Journalisten dort gewesen, aber mit dem Ausbruch der Pandemie und den ersten Lockdowns seien es immer weniger geworden, zeitweise waren die Filmemacher die einzigen mit Kamera und Mikro vor Ort. Sie blieben bis Dezember 2020 und erlebten auch den verheerenden Brand mit.

In ihrer Arbeit stießen die Dokumentarfilmer immer wieder an Grenzen, wie sie erzählen. Das ursprünglich für 2.500 Personen ausgelegte Flüchtlingslager war - wie in Griechenland üblich - auf einem Militärgelände errichtet worden, so Büttner, wohl um NGO und Presse den Zutritt zu erschweren, wie er meint. Schließlich lebte aber die zehnfache Zahl an Geflüchteten dort, damit uferte das Lager immer mehr aus und erstreckte sich auch auf Nicht-Militär-Gelände. Dort habe man dann filmen können. Dennoch: "Uns wurden von der Polizei täglich Steine in den Weg gelegt", berichten sie über eine Beschränkung der Pressefreiheit, "dreimal mussten wir auf die Polizeistation, immer mit fadenscheinigen Argumenten".

Trotzdem entschlossen sich die beiden, länger zu bleiben und "tiefer einzutauchen" in die Lebenswelt von Moria. "In einem Olivenhain haben wir dann Nasim kennengelernt", berichtet Büttner. Die Afghanin, die mit ihrer Familie geflüchtet war, erzählte ihnen, "dass sie selbst gerne Journalistin geworden wäre, wenn ihr Leben anders verlaufen wäre". Und so begannen die beiden Filmemacher Nasims Alltag festzuhalten. Trotz ihrer gesundheitlichen und ihrer Eheprobleme kümmerte sie sich mit Engelsgeduld um ihre Kinder und um andere Bewohner von Moria.

Man sieht, wie sie sich auf das Behördeninterview vorbereitet, wie sie sich sorgt, dass ihre Kinder in dem riesigen Lager in Schwierigkeiten geraten könnten. Sie ist der ruhige Pol und eine fürsorgliche Kraft für ihre Familie und andere Flüchtlinge. Über allem schwebt die Hoffnung auf eine sicherere Zukunft in Europa, wo ihre Kinder etwas lernen können, wo man ihr Rheuma besser behandeln kann und wo sie frei ist zu entscheiden, ob sie sich von ihrem Mann trennen will.

Nach dem Brand im September lebte Nasim im neu aufgebauten Camp, das wieder auf Militärgelände situiert war - "und wo wir sie wegen der Unterdrückung der Pressefreiheit nicht besuchen konnten". Mittlerweile sei es Journalisten gänzlich untersagt, mit Geflüchteten zu reden. Mehrere Pressevertreter seien verurteilt bzw. ausgewiesen worden, berichten die Filmemacher. Für Nasim gab es aber ein glückliches Ende: Sie schaffte es als eine der wenigen nach Deutschland, wo sie heute lebt, Deutsch lernt, und wo ihre Kinder zur Schule gehen.