Doppelmordverdächtiger Bursch offenbar nicht schuldfähig

Expertise betrifft aber Fall von Körperverletzung gegen Mutter
Der unter Doppelmordverdacht stehende 17-Jährige, der in Wien in U-Haft sitzt, weil er im Sommer 2023 zwei Wohnungslose getötet haben soll, ist laut einem ersten Gutachten einer Kinder- und Jugendpsychiaterin zurechnungsunfähig und damit nicht schuldfähig. Die vorliegende Expertise betrifft jedoch nicht das Ermittlungsverfahren wegen Mordes bzw. Mordversuchs, sondern einen Angriff auf die Mutter, der nach den Tötungsdelikten stattgefunden hat, bestätigte das Landesgericht.

Zu der gegen die Mutter gerichteten Attacke wurde im vergangenen Dezember im Grauen Haus die Hauptverhandlung wegen absichtlich schwerer Körperverletzung eröffnet. Dieser Prozesstermin war lange vor der Festnahme des Burschen fixiert worden. Laut Staatsanwaltschaft soll der 17-Jährige am 18. September 2023 - und damit zeitlich deutlich nach den tödlichen Messerangriffen auf schlafende und wehrlose Menschen - seiner Mutter mehrere Rippenbrüche, eine Schädelprellung und Hämatome und Abschürfungen am ganzen Körper zugefügt haben, indem er ihr einen Faustschlag ins Gesicht versetzte und anschließend auf Kopf und Körper der zu Boden gestürzten Frau eintrat.

Während des ersten Verhandlungstags beantragte damals Verteidiger Manfred Arbacher-Stöger die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens. Der Anwalt ging davon aus, dass bei seinem Mandanten ein Schuldausschließungsgrund vorliegen könnte - was die vom Gericht bestellte Gutachterin nun bestätigte, wie die "Kronen Zeitung" in ihrer Sonntag-Ausgabe berichtete. Für die Sachverständige liegt demnach Zurechnungsunfähigkeit vor, weshalb aus ihrer Sicht mangels Schuldfähigkeit die Voraussetzungen für eine Unterbringung des Jugendlichen in einem forensisch-therapeutischen Zentrum gemäß Paragraf 21 Abs. 1 StGB erfüllt wären, sollte das Gericht zum Schluss kommen, dass der 17-Jährige seine Mutter schwer verletzt hat, bestätigte Gerichtssprecher Christoph Zonsics-Kral der APA am Sonntag. Die Anklage dürfte somit in einen Antrag auf Unterbringung im so genannten Maßnahmenvollzug umgewandelt werden. Die nächste Verhandlung findet am 18. Juni statt, so Zonsics-Kral.

Im Ermittlungsverfahren wegen zweier tödlichen Messerattacken auf schlafende Obdachlose und einen weiteren Angriff, den das Opfer überlebte, stehen die Gutachten allerdings noch aus, erklärte die Sprecherin der Wiener Staatsanwaltschaft, Nina Bussek. Inwieweit das jetzige Gutachten in die Ermittlungen zu den Morddelikten einfließt, bleibt abzuwarten. Laut Gerichtssprecher Zonsics-Kral muss der Gutachtensauftrag spezifisch für die Tat bzw. den konkreten Tatzeitraum erfolgen. Die vorliegende Expertise bezieht sich vorerst nur auf den Mitte September 2023 gegebenen psychischen Zustand des 17-Jährigen. Dem Gutachten zufolge, aus dem die "Krone" zitiert, soll der Jugendliche "typische Anzeichen eines Psychopathen" aufgewiesen haben, als er auf seine Mutter losging.

Nach der Tötungsserie im Sommer hatte sich der 17-Jährige im Dezember gestellt. Er kam in eine Polizeiinspektion und gab die Taten zu. Ab Juli 2023 hielt der junge Mann gezielt nach den Opfern Ausschau, wie die Polizei ermittelte. Das Messer versteckte er am Knöchel und streifte vermummt durch die Nacht. Bei den Messerattacken auf die Schlafenden waren ein 56- und ein 55-Jähriger getötet worden. Eine 51-jährige Frau wurde schwer verletzt.

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