Regierungskrise in Italien: Draghi vor Abgeordnetenkammer

Draghi vor dem Abgang?
Roms Polit-Drama geht in die nächste Runde.

Italiens Ministerpräsident Mario Draghi will nach seinem verpassten Ziel beim Vertrauensvotum im Senat am Donnerstag in der Abgeordnetenkammer auftreten. Geplant ist eine Ansprache des Premierministers, der sich dann noch einem Vertrauensvotum unterziehen könnte. Es wird nicht ausgeschlossen, dass Draghi nach seiner um 9.00 Uhr geplanten Ansprache seinen Rücktritt ankündigt.

Rücktrittsankündigung?

Drei große Regierungsparteien hatten Draghi am Mittwoch im Senat nicht mehr das Vertrauen ausgesprochen. Nach der Rücktrittsankündigung sollte Draghi bei Staatspräsident Sergio Mattarella seine Demission einreichen. Wann dies genau erfolgen wird, ist noch unklar. Mattarella könnte sich Zeit nehmen, um die politische Lage zu bewerten. Er könnte Konsultationen mit den Parteien starten, Neuwahlen im Herbst gelten als wahrscheinlich. Mögliche Wahltermine sind der 25. September oder der 2. Oktober.

Die Mehrparteienkoalition, die Premier Draghi seit seinem Amtsantritt im Februar 2021 unterstützt hatte, ist am Mittwoch in die Brüche gegangen. Draghi verfehlte sein Ziel, die Koalitionsparteien zu überreden, ihn bis Ende der Legislatur im Frühjahr 2023 zu unterstützen. Der 74-jährige Regierungschef bewältigte zwar eine Vertrauensabstimmung über das Programm, mit dem er im Sattel zu bleiben hoffte, verlor jedoch seine Mehrheit. Drei große Koalitionsparteien - die linkspopulistische Fünf Sterne-Bewegung, die rechte Lega um Ex-Innenminister Matteo Salvini und die Forza Italia um den früheren langjährigen Premier Silvio Berlusconi - stimmten Draghi nicht das Vertrauen zu.

Regierungskrise geht weiter

Damit geht eine Regierungskrise weiter, die die Fünf Sterne-Bewegung vor einer Woche ausgelöst hatte. Vergebens hatte Draghi im Laufe der Sitzung im Senat versucht, die Regierungsparteien zur Verantwortung aufzurufen und seine bröckelnde Koalition zusammenzuhalten. "Sind die Parteien zum Neustart des Regierungspakts bereit? Das ist die Antwort, die Sie allen Italienern geben müssen. In diesen Monaten war die nationale Einheit die beste Garantie für die demokratische Legitimierung dieser Regierung und ihrer Effizienz", erklärte Draghi. Er, der nie von den Bürgern gewählt wurde, brauche die breitestmögliche Zustimmung des Parlaments.

Draghi hatte in seiner Rede im Senat die Errungenschaften seiner Regierung, die geschaffen wurde, um das Land aus der Corona-Pandemie und der wirtschaftlichen Krise heraus zu holen. "Ich war noch nie so stolz, Italiener zu sein", sagte der Premier, der seine Regierung als "Wunder" bezeichnete.

Ohne Fünf-Sterne-Bewegung

Diese Ansicht teilen offenkundig die stärksten Regierungsparteien nicht, die sich nicht mehr hinter Draghi stellen wollen - jeder aus einem anderen Grund. Salvinis Lega hatte sich zwar für eine zweite Regierung Draghi ausgesprochen, allerdings ohne die Fünf-Sterne-Bewegung, die sie als "unzuverlässig" bezeichnete. Die "Cinque Stelle" hatten ihrerseits von Draghi Zugeständnisse für ihr Programm gefordert, die sie vom Premier jedoch nicht erhalten haben.

Der Beschluss der Forza Italia, Draghi nicht das Vertrauen auszusprechen, löste einen Erdbeben in der Berlusconi-Partei aus. Regionenministerin Maria Stella Gelmini, seit Jahren eine enge Vertraute Berlusconis, trat aus Protest aus der Gruppierung aus.

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