Ein zynischer "Diener zweier Herren" in Kobersdorf gefeiert

Ein Bild für die Götter: Das Ensemble in Kobersdorf
Bei den Schlossspielen Kobersdorf hat am Dienstag mit "Der Diener zweier Herren" der Karneval von Venedig Einzug gehalten. Intendant Wolfgang Böck freute sich über eine ausverkaufte Premiere des Commedia dell'Arte-Klassikers von Carlo Goldoni in der Adaption von Peter Turrini. Die vereinzelten freien Plätze schob der Intendant auf die starke Konkurrenz des Abends. In Leipzig spielten immerhin Österreichs Fußballherren zeitgleich im Achtelfinale der Europameisterschaft.

In dem von Turrini in die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg versetzten Stück gibt Böck den als Pantalone maskierten Transportunternehmer Sacchi. Dessen Tochter Clara (gespielt von Ida Golda) ist mit Silvio (Lukas Haas), dem Sohn seines Advokaten Vendramin (Marcus Thill) verlobt. Die Heiratspläne geraten in Gefahr, als Beatrice (Ines Schiller), die sich als ihr Bruder, den ermordeten Großhändler Federigo Rasponi, ausgibt, ebenso in Venedig absteigt wie dessen Mörder, der als Frau verkleidete Florindo (Daniel Brockhaus).

In den Dienst dieser beiden zwielichtigen Gestalten stellt sich die Titelfigur des hungerleidenden Weltkriegsheimkehrers Radames Ruccola Colliusco im Kostüm des Arlecchino (Nico Dorigatti). Dessen Hauptproblem ist einerseits, nach Tagen endlich etwas in den Magen zu bekommen und andererseits zu verhindern, dass die beiden Herren etwas voneinander erfahren. Anders als im Original von Goldoni, in dem der Diener die Fäden in der Hand hält, ist Arlecchino bei Turrini ein von Hunger und der Obrigkeit getriebener Verlierer.

Beverly Blankenship, die schon 2019 bei dem "Mädl aus der Vorstadt" in Kobersdorf Regie führte, setzte den "Diener zweier Herren" flott in Szene. Das spielfreudige Ensemble, allen voran Nico Dorigatti als Arlecchino, tat sein übriges dazu, dem knapp zweieinhalb Stunden dauernden Stück die eine oder andere Länge und dem oft zynischen Humor der Neubearbeitung Turrinis etwas die Schärfe zu nehmen. Dennoch ist dieser "Diener zweier Herren" kein leichtes Lustspiel geworden sondern fordert dem Publikum vor allem im zweiten Teil, einiges ab, als der leibhaftige Tod sich immer mehr ins Geschehen einmischt und die Dinge gegen Ende hin etwas unklar werden.

Routinier Erich Uiberlacker - er arbeitet seit 2004 für die Schlossspiele - gestaltete ein einfaches aber hochfunktionales, übersichtliches Bühnenbild. Die Kanäle Venedigs werden an den Rändern eines Kachelbodens angedeutet und bei Bedarf - natürlich als Gag - mittels Viertelliterplastikflasche mit Wasser befüllt.

Neben Hauptdarsteller Nico Dorigatti, der gemäß den Prinzipien der Commedia dell'Arte mit vollem Körpereinsatz bei der Sache ist, und Wolfgang Böck, der wieder einmal virtuos den Ungustl verkörpert, sorgen vor allem Ida Golda und Lukas Haas als infantiles Liebespaar für einige bemerkenswerte Szenen. In kurzen Hosen mit Knieschützern (Silvio) und weißem Prinzessinnenkleid (Clara) müssen sie sich von ihren Vätern die Nase putzen und auf selbiger herumtanzen lassen. Der dilettantische gemeinsame Selbstmordversuch des Liebespaares durch Sprung in den Canale Grande ist einer der tragikomischen Höhepunkte des Abends.

Das Publikum quittierte die Vorstellung mit freundlichem Applaus. Verdienten Sonderbeifall gab es für Nico Dorigatti. Jubelstimmung mochte allerdings keine aufkommen. Das mag auch daran liegen, dass Österreichs Fußballteam Anleihen bei Arlecchino genommen und die Parallelveranstaltung trotz redlichen Bemühens verloren hatte.

(Von Mario Michlits/APA)

(S E R V I C E - Schloss-Spiele Kobersdorf: "Der Diener zweier Herren" von Peter Turrini nach Carlo Goldoni. Weitere Vorstellungen bis 28. Juli jeweils Donnerstag bis Sonntag. www.schlossspiele.com)

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