Enttäuschung in Tirana und Skopje nach EU-Nichtentscheid

Enttäuschung in Tirana und Skopje nach EU-Gipfel
In Nordmazedonien und Albanien herrscht große Enttäuschung über die ausgebliebenen Signale der EU zu Gesprächen über die mögliche Mitgliedschaft der beiden Balkanstaaten. Dennoch übten sich die Führungsspitzen in Tirana und Skopje in Zweckoptimismus, auch wenn in der Opposition erste kritische Stimmen über die Leistungen der Regierungen in den Vorbereitungen auf den Gipfel laut wurden.

Die Teilnehmer des EU-Gipfels in Brüssel hatten in der Nacht auf Freitag trotz sechsstündiger Diskussion keine Einigung über den Start von Beitrittsverhandlungen mit Skopje und Tirana erzielt. Eigentlich sollte das Startsignal für Gespräche jetzt gegeben werden. Doch Frankreich und einige andere Staaten stellten sich quer. Eine solche Entscheidung müsste jedoch einstimmig getroffen werden.

Der für die EU-Erweiterung zuständige EU-Kommissar Johannes Hahn warf den EU-Staats- und Regierungschefs vor, daran gescheitert zu sein, ihre Zusagen zu erfüllen. Deutlicher Protest kam auch aus dem Europaparlament. "Nordmazedonien und Albanien verdienen eine europäische Perspektive", schrieb der Vorsitzende der christdemokratischen EVP-Fraktion Manfred Weber (CSU) auf Twitter. "Wir sollten es vermeiden, Instabilität in einer Region zu schaffen, die Stabilität so sehr braucht."

In Mazedonien etwa forderte Oppositionsführer Christian Mizkoski umgehend den Rücktritt von Regierungschef Zoran Zaev und Neuwahlen "als logische Folge". Mizkoskis nationalistische Partei VMRO-DPMNE hatte in jahrelanger Alleinherrschaft jede Annäherung an die Nachbarn verhindert. Erst Zaev hatte nach der Machtübernahme seiner Sozialdemokraten 2017 mit Griechenland verhandelt und durch die Änderung des Staatsnamens von Mazedonien auf Nordmazedonien die Blockadehaltung Athens aufgehoben und das wichtigste Hindernis auf dem Weg in EU und NATO beseitigt.

Mazedoniens Präsident Stevo Pendaroski nahm die Nachrichten aus Brüssel enttäuscht auf, stufte jedoch die Nichteinladung zu Mitgliedsgesprächen als Ergebnis "gewisser nationaler Interessen" ein, ohne die verantwortlichen EU-Länder namentlich zu nennen. Zugleich aber machte er den Bürgern Nordmazedoniens Hoffnung: "Keine politische Entscheidung ist ewig, keine Entwicklung ist endgültig." Er warnte zugleich die oppositionellen Parteien im Land, aus dieser Enttäuschung heraus "tagespolitische Kleinpunkte" machen zu wollen.

Pendarovski bekräftigte trotz des Rückschlags das Festhalten Skopjes am euro-atlantischen Kurs. "Wir sind ein europäisches Land und haben das Recht, Teil eines gemeinsamen europäischen Hauses zu sein", sagte er. Um allerdings die künftige strategische Ausrichtung im weiteren Vorgehen abzustimmen, wollte er sich schon am Sonntag mit den Vorsitzenden aller politischen Parteien zusammensetzen.

Auch Albaniens Regierungschef Edi Rama war enttäuscht, bekräftigte jedoch das Festhalten Albaniens am Ziel EU-Mitgliedschaft. "Der nächste Schritt ist die Fortsetzung der Justiz- und Wahlrechtsreformen", sagte er nach Medienberichten am Freitagabend in Tirana.

Rama verwies darauf, dass es zu der Nichtaufnahme von Gesprächen über eine mögliche Mitgliedschaft in der EU "weder einen Text noch sonst etwas Schriftliches" gebe: "Null." Daher könne er seinen Landsleuten Hoffnung machen: "Der Traum von Europa ist nicht verblasst."

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