APA - Austria Presse Agentur

Eric Kandel in Wien mit dem Goldenen Rathausmann geehrt

Medizin-Nobelpreisträger Eric Kandel hat am Mittwoch im Wiener Rathaus von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) den Goldenen Rathausmann in Empfang genommen. Das Präsent wurde dem Neurobiologen, der als Kind vor dem NS-Regime in die USA flüchtete, im Rahmen eines kleinen Empfangs im Büro des Bürgermeisters überreicht. Es trage bei, ihn mit der Stadt noch mehr zu versöhnen, versicherte Kandel.

Der Nobelpreisträger feiert am morgigen Donnerstag seinen 90. Geburtstag. Aus diesem Anlass wurde der Jubilar, der mit seiner Frau und seiner Tochter kam, ins Rathaus eingeladen. Es ist nicht der erste Aufenthalt, bei dem er mit Auszeichnungen bedacht wurde. 2009 wurde er bereits zum Ehrenbürger der Stadt ernannt - was die höchste mögliche Würdigung darstellt, wie Ludwig heute versicherte. Mit dem Goldenen Rathausmann wolle er sich bei Eric Kandel einmal mehr bedanken für seine Leistungen - und dass er Wien trotz "sehr negativer Erinnerungen" verbunden bleibe.

Ludwig versicherte, dass es der Stadt ein sehr starkes Anliegen sei, an die Zeit des Nationalsozialismus zu erinnern. Er verwies weiters auf die Unterstützung der jüdischen Gemeinde in Wien. Eric Kandel erkundigte sich beim Stadtoberhaupt jedoch auch über die Zeit unmittelbar nach Ende der Nazidiktatur: "Wieso haben sie nicht mehr Juden zurückgebracht, so wie es in Deutschland geschehen ist?" Dies sei, so gestand Ludwig ein, ein Versäumnis in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg gewesen.

Und es hänge, so befand der Bürgermeister, wohl damit zusammen, dass Österreich sich lange als erstes Opfer des Nationalsozialismus gesehen habe. Erst später hätten die Bürgermeister Leopold Gratz und Helmut Zilk gemeinsam mit Leon Zelman über den Jewish Welcome Service vielen Vertriebenen einen Besuch Österreichs ermöglicht. Die jüngere Generation habe aus der Geschichte gelernt und entsprechende Konsequenzen gezogen, zeigte sich Ludwig zuversichtlich - wobei er warnte: "Aber man muss vorsichtig sein." Rechtsextreme Gruppen seien in Österreich oder auch in Deutschland wieder aktiv.

Solche Auszeichnungen seien sehr wichtig für ihn, beteuerte Kandel. Wien werde damit wieder ein Stück mehr Heimat, es gehe in die richtige Richtung: "Ich liebe Wien mehr." Ob er nun versöhnt sei mit der Stadt? "Es fangt an." Eine Rückkehr nach Wien, um hier wieder zu leben, sei jedenfalls nie Thema gewesen. Die USA und New York seien gut zu ihm gewesen, betonte er. Kandel reiste als Neunjähriger gemeinsam mit seinem 14 Jahre alten Bruder nach Amerika: "Ich hab' keine Probleme gehabt, mein Bruder ist seekrank geworden."

Kandel, dessen Forschungen sich der Erinnerung und dem Gedächtnis widmen, studierte ab 1952 Medizin und wurde zum Psychiater ausgebildet. 1974 kam er an die Columbia University, wo er das Zentrum für Neurobiologie und Verhalten gründete. Er ist nach wie vor Professor an der Columbia und Seniorwissenschafter des Howard Hughes Medical Institute. Er arbeite noch immer sehr gerne, versicherte er: "Das beste für das Gehirn ist praktizieren. Ich gehe zur Arbeit fünf Tage die Woche."

Am Nachmittag setzt sich der Festreigen für Eric Kandel fort: Die Ärztekammer für Wien verleiht dem Mediziner ihre höchste Auszeichnung, das "Große Ehrenzeichen am Bande". Dies sei "Ausdruck der großen und tiefen Verbundenheit mit Eric Kandel und in Würdigung seiner außerordentlichen Verdienste und Leistungen in der Hirnforschung", hieß es im Vorfeld.

Morgen, Donnerstag, heißt es schließlich seitens der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien "Happy Birthday, Eric". Die beiden Hochschulen veranstalten ein "Fest für Eric Kandel", an dem unter anderen Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Alt-Bundespräsident Heinz Fischer teilnehmen. Die Laudatio hält der Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), Anton Zeilinger. Am Sonntag (10.11.) nimmt Kandel übrigens am 3. Egon Schiele Symposium im Leopold Museum teil und wird dort zum Thema "The Age of Insight: The Origins of Modernist Thought" sprechen.