Erinnerungen an "Ingeborg Bachmann, meine Schwester"

Sehr persönliche Erinnerungen an Ingeborg Bachmann
Am 17. Oktober jährt sich der Tod von Ingeborg Bachmann zum 50. Mal. Mit den bitteren Tagen im Herbst 1973 beginnt Heinz Bachmann sein Buch "Ingeborg Bachmann, meine Schwester". Der heute in der Nähe von Oxford lebende 84-Jährige, der als Geologe in der Öl- und Gasförderung in Afrika, dem Mittleren Osten und Europa tätig war, ist der um 14 Jahre älteren Schwester eng verbunden. Das Buch ist eine sehr persönliche Erinnerung und Würdigung, die mit rund 40 Fotos ergänzt wird.

Mitunter kommen Heinz Bachmann die Tränen, wenn er Texte der berühmten Dichterin liest, zu denen er einen sehr persönlichen Bezug hat, wie etwa die Erzählung "Drei Wege zum See". Die Mutter soll durch die innige Fürsorge Ingeborgs um ihren kleinen Bruder zeitweise sogar "ihre Mutterrolle untergraben" gesehen haben, schreibt er - und bildet ein Foto aus dem Privatarchiv ab: "Ingeborg beim Windelwaschen". Auch Beispiele der berühmten Porträtfotoserie, die Heinz Bachmann auf Ersuchen seiner Schwester 1962 in Rom schoss, sind im Buch enthalten.

Schon früh war der Familie klar, dass Ingeborg etwas Besonderes war, schreibt Heinz. Einen Schulaufsatz verfasste sie in Gedichtform, später war "das vertraute Klappern ihrer Schreibmaschine unüberhörbar, und es hatte still zu sein im Haus". Das unstete, ständig getriebene Leben der Schwester zwischen Wien, Paris, Zürich und Rom wurden in der Familie ebenso anteilnehmend besprochen wie ihre Bekanntschaft mit allen Größen der deutschsprachigen Literaturlandschaft. Ihre engen Beziehungen zu Hans Weigel, Paul Celan, Hans Werner Henze und Max Frisch waren Thema am Familientisch - an dem mitunter auch die Betroffenen selber zu Gast waren.

Ingeborg Bachmanns Texte wurden gelesen, ihre Erfolge gefeiert, und gelegentlich wurde auch aktiv familiäre Mithilfe eingefordert - etwa als die Dichterin ihren Vater mehrfach aufforderte, für sie seine Weltkriegserinnerungen zu Papier zu bringen, um sie in "Malina" einarbeiten zu können.

Im Herbst 1973 wurde die Familie telefonisch alarmiert. "Ingeborg war mit einer brennenden Zigarette im Badezimmer eingeschlafen und Nachthemd und Umhang hatten gebrannt." Eine römische Vertraute der Dichterin war von ihr um eine Brandsalbe gebeten worden und zu ihr geeilt. Als sie den Zustand der Verletzten sah, veranlasste sie sofort die Einlieferung in ein Spital. Dieses sollte sie lebend nicht mehr verlassen. Freunde bestürmten in der Folge die Familie, eine Mordanzeige einzubringen und verfolgten, so Heinz Bachmann, die abstrusesten Verschwörungstheorien. Die Komplikationen, die zum Tod Ingeborg Bachmanns führten, stellten sich jedoch durch Nebenwirkungen eine langjährigen starken Medikamentenabhängigkeit ein, schreib er. Die Mittel, die sie einnahm, hatten sie offenbar nahezu schmerzunempfindlich gemacht.

Heinz Bachmann und seine Schwester Isolde mussten sich um Begräbnis, rechtliche Fragen und Nachlass kümmern. "Unser Leben ohne Ingeborg wird bis heute von ihr und ihrem Schreiben stark beeinflusst. Ihr Schreiben verbindet uns auf immer", schließt er. "Fünfzig Jahre sind seit diesem Verlust vergangen, aber Ingeborg ist jeden Tag bei uns."

(S E R V I C E - Heinz Bachmann: "Ingeborg Bachmann, meine Schwester. Erinnerung und Bilder", Piper, 156 Seiten, 24,70 Euro)

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