APA - Austria Presse Agentur

Erster Anlauf zur Regierungsbildung in Bulgarien gescheitert

In Bulgarien ist nach der Wahl Anfang April die stärkste Partei GERB des scheidenden Ministerpräsidenten Bojko Borissow mit der Bildung einer proeuropäischen Regierung gescheitert. Wegen fehlender Unterstützung anderer Parteien gab der von Borissow als Regierungschef vorgeschlagene Ex-Außenminister Daniel Mitow am Freitag den Regierungsauftrag an Staatchef Rumen Radew zurück.

Bulgarien brauche ein "stabiles und solides Kabinett" angesichts der Covid-Pandemie und der komplizierten geopolitischen Situation, sagte Mitow. Die GERB gehört im Europaparlament zur EVP, ebenso wie die ÖVP. Borissow gilt auf EU-Ebene als enger Bündnispartner von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), dem er auch im Impfstoffstreit Schützenhilfe geleistet hatte.

"Wir haben (bei den angesprochenen Parteien) keine Unterstützung und sogar keinen Gesprächswillen gefunden", erklärte GERB-Fraktionschefin Dessislawa Atanasowa. Bei der Wahl am 4. April wurde die GERB mit 26 Prozent der Stimmen in dem EU- und NATO-Mitgliedsland wieder stärkste Partei. Mit 75 Sitzen verfehlte sie in dem 240-Abgeordneten-Parlament mit sechs Parteien die Mehrheit. Fünf Parteien bildeten ein "Anti-Borissow-Lager", um die GERB als "toxische Partei" politisch zu isolieren. Sie werfen der seit 2009 mit kurzer Unterbrechung regierenden bürgerlichen Partei Korruption vor.

Staatschef Radew sagte, er werde in den kommenden Tagen die zweitstärkste Partei mit der Bildung der neuen Regierung beauftragen. Dies ist die populistische Protestpartei "Es gibt so ein Volk" ITN (17,6 Prozent, 51 Sitze) des Entertainers Slawi Trifonow. Er steht wegen einer Covid-19-Erkrankung unter Quarantäne und hat sich noch nicht zu seinen Regierungsplänen geäußert.

Die konservativ-liberal-grüne Koalition Demokratisches Bulgarien DB (9,4 Prozent, 27 Sitze) und "Richte dich auf! Mafiosi raus" (4, Prozent, 14 Sitze) sagten als Protestparteien Trifonows "Es gibt so ein Volk" bereits ihre Unterstützung für eine Regierung zu. Gespräche darüber sollen inoffiziellen Informationen zufolge bereits laufen.