APA - Austria Presse Agentur

Estland drängt zu gemeinsamer EU-Haltung zu 5G und Huawei

Die EU muss nach Ansicht von Estlands Präsidentin Kersti Kaljulaid so schnell wie möglich gemeinsam entscheiden, ob bestimmte Firmen etwa aus China beim Aufbau des 5G-Mobilfunknetzes ausgeschlossen werden sollen.

"Wir können es uns nicht leisten, dass wir in 27 EU-Staaten 27 unterschiedliche Markteingriffe beschließen", sagte Kaljulaid am Sonntag in einem Reuters-Interview.

Weil es sich um öffentliche Auftragsvergaben im Binnenmarkt handle, drohten ansonsten Klagen. Auch die deutsche Grünen-Chefin Annalena Baerbock pocht auf gemeinsame europäischen Standards bei den Sicherheitsanforderungen für den Aufbau moderner Mobilfunknetze. Der EU-Gipfel im März soll sich mit der Frage beschäftigen. "Wir brauchen die Klärung so schnell wie möglich", mahnte Kaljulaid.

Die US-Regierung fordert von den europäischen Verbündeten, sie sollten chinesische Firmen wie Huawei vom 5G-Netzaufbau ausschließen. Sie befürchtet ansonsten ein Einfallstor für Spionage und Sabotage durch China. Großbritannien hat sich allerdings dafür entschieden, Huawei-Komponenten nur im Kernnetz und in besonders sicherheitsrelevanten Einrichtungen zu verbieten.

Während einige EU-Regierungen eine sehr harte Haltung einnehmen, sind andere gegen einen Ausschluss. Die deutsche Bundesregierung will ebenfalls keine Sonderregelung für einzelne Firmen oder Länder, weil dies rechtlich schwierig sei. Sie befürwortet stattdessen harte Sicherheitsstandards für alle Hersteller.

Robert Blair, Sonderbeauftragter der US-Regierung für Telekommunikation, kündigte in München an, dass die USA kleinere Mobilfunkanbieter im Land finanziell dabei unterstützen wollten, auch aus dem bestehenden 4G-Netzen Huawei-Komponenten auszubauen. Außerdem plane man eine Zusammenarbeit mit Netzwerkausrüstern wie Nokia aus Finnland, Ericsson aus Schweden oder Samsung aus Südkorea, um sicherzustellen, dass diese gegenüber chinesischen Firmen wettbewerbsfähig blieben.

Grünen-Chefin Baerbock schlug die Bildung eines europäisches Firmen-Konsortiums nach Vorbild des Luftfahrtkonzerns Airbus vor. Die Europäer hätten in den vergangenen Jahren den Anschluss in Soft- und Hardware verpasst, sagte Baerbock zu Reuters-TV. "Deshalb wäre es gut, ähnlich wie beim Airbus-Modell, dass wir ein Konsortium plus kleinere Software-Unternehmen zusammenführen, damit wir diese Lücke, die wir bei 5G haben, bei 6G überhaupt noch aufholen können."

Estlands Präsidentin Kaljulaid sieht die Idee eines europäischen Konsortiums skeptisch und verweist auf die internationale Arbeitsteilung. Ein deutscher Unternehmer habe ihr gesagt, dass man auch ihn abstrafe, wenn man keine Huawei-Produkte mehr verwende, weil er für Huawei produziere. Den Namen der Firma nannte Kaljulaid nicht.