APA - Austria Presse Agentur

Gemeinsamer Umgang mit "fliehenden" Russen durch EU?

Die Frage nach dem Umgang mit Russen, die vor der Teilmobilmachung fliehen, beschäftigt die Europäische Union.

"Das ist eine noch nie da gewesene Situation, wir untersuchen sie unter dem Aspekt der Sicherheit", sagte eine EU-Kommissionssprecherin am Donnerstag in Brüssel. Aber die konkrete Entscheidung in Visa-Belangen liege teilweise in den Händen der EU-Staaten, betonte ein Sprecher. Auch Österreich stellt sich auf russische Flüchtlinge ein.

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Der Frage, ob es eine eigene Lösung für "fliehende" Russen geben werde, wichen die Kommissionssprecher aus. Das Grenzmanagement müsse von den EU-Mitgliedstaaten im Einklang mit den internationalen und europäischen Vorschriften stehen. Der Schengen-Kodex erlaube die Verweigerung der Einreise aus Sicherheitsgründen. Die EU-Kommission stehe aktuell mit den EU-Staaten in Kontakt, um die Lage zu beobachten. Die Kommission unterstütze sie und versuche, "den nächsten Schritt vorzubereiten".

Eine halbe Million Menschen aus Russland geflohen

Die Brüsseler Behörde sprach von "möglicherweise zahlreichen" Anfragen, aktuelle Zahlen dazu habe sie keine. Seit dem Ausbruch des Kriegs, so der Kommissionssprecher, seien aber eine halbe Million Menschen aus Russland geflohen und hätten ihren Platz in Europa oder anderswo gefunden.

Die Sprecherin verwies zudem darauf, das EU-Recht biete Menschen, die um Asyl anfragen, Schutz. Aber jeder Fall werde an den Grenzen einzeln geprüft. Die EU-Staaten würden an einem gemeinsamen Ansatz arbeiten.

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Nach der Teilmobilisierung berichtete etwa Finnland über eine gestiegene Anzahl an Einreisen aus Russland. Außenminister Pekka Haavisto betonte, eine eigene Lösung für die Frage russischer Touristenvisa finden zu wollen: "Finnland will kein Transitland für Schengen-Visa werden, die andere Länder erteilt haben." Ähnlich ist die Lage in den baltischen Staaten, die bereits die Einreise von Russen beschränken.

Vor rund zehn Tagen hatten sich die EU-Staaten geeinigt, die Hürden für die Vergabe von Schengen-Visa zu erhöhen. Die Visa sind nun EU-weit teurer und die Antragszeit dauert länger. Zum Schengen-Raum gehören 22 EU-Länder sowie die Schweiz und drei weitere Staaten.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hatte am Mittwoch ein humanitäres Engagement, auch für russische Staatsbürger, angeregt. "Wir sind ein sicherer Ort für Menschen aus der Ukraine, und wir sollten es auch sein für Russinnen und Russen, die gezwungen sind, jetzt ihre Heimat zu verlassen", sagte er. Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) bekräftigte in der "ZiB2", er habe sich klar gegen einen Visa-Stopp für Russen ausgesprochen. Gerade Österreicher sollten "unterscheiden können zwischen Putin und seinen Schergen und dem russischen Volk".

Aus dem Innenministerium hieß es am Donnerstag gegenüber der APA, im österreichischen Asylverfahren gelte der Grundsatz der "individuellen Verfahrensführung". Das bedeute, dass bei jedem Antrag auf Asyl und internationalen Schutz im Rahmen einer Einzelfallprüfung abgeklärt werde, ob Verfolgungsgründe nach der Genfer Flüchtlingskonvention, Gründe für subsidiären Schutz oder für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen vorliegen. Dabei würden jeweils auch die aktuellen Informationen der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) über die Situation im Herkunftsland berücksichtigt.

Heuer sind laut Innenministerium in Österreich 160 Schutzgewährungen für Menschen aus der Russischen Föderation (84 Männer und 76 Frauen) erfolgt.

"Man muss damit rechnen"

Seit der Ankündigung der Teilmobilmachung am Mittwoch ist in Österreich noch keine Entwicklung merkbar. Aber eine Fluchtbewegung wird nicht ausgeschlossen. "Man muss damit rechnen", hieß es aus gut informierten Kreisen. Es sei auch sehr wahrscheinlich, dass Russen Schutz gewährt werde, wenn sie für den Wehrdienst eingezogen werden sollten. Eine allgemeine Richtlinie wie bei den Ukraine-Flüchtlingen gilt aber aus Sicherheitsgründen als unwahrscheinlich.

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