EU-Botschafter begrüßt Entspannung in Krise mit Türkei
"Es ist jetzt, ich glaube, für alle ein gesichtswahrender Ausweg gefunden worden", sagte der Leiter der EU-Delegation in Ankara der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag. Man könne hoffen, auf dieser Grundlage nun weiter zusammenzuarbeiten. Es gebe viele gemeinsame Interessen und Herausforderungen.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte am Samstag mit der Ausweisung der Botschafter aus zehn westlichen Ländern - darunter Deutschland und USA - gedroht und damit für einen Eklat gesorgt. Hintergrund war eine von den Botschaftern gemeinsam veröffentlichte Forderung, den in der Türkei inhaftierten Kulturmäzen und Menschenrechtsaktivisten Osman Kavala freizulassen.
Ein tiefes Zerwürfnis konnte am Montag jedoch abgewendet werden: Die betroffenen Botschaften veröffentlichten eine zweite Erklärung, in der sie deutlich machten, sich weiter an Artikel 41 des Wiener Übereinkommens zu halten. Der Artikel weist Diplomaten unter anderem an, sich nicht in innere Angelegenheiten des Empfangsstaats einzumischen. Erdogan machte daraufhin deutlich, die Botschafter doch nicht ausweisen zu wollen.
"Wir hoffen, dass die aktuellen Aussagen von türkischer Seite ein Zeichen der Deeskalation sind", hatte es bereits am Montagabend auch im österreichischen Außenministerium auf APA-Anfrage geheißen.
Zuvor hatte Außenminister Michael Linhart (ÖVP) die Situation in einem Telefonat mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu angesprochen und Österreichs Sorge über die potenziellen Auswirkungen der Causa auf die Beziehungen zwischen EU und Türkei zum Ausdruck gebracht. Österreich hatte nicht zu den zehn Unterzeichnern des Freilassungs-Appell im Fall Kavala gehört, hätte nach eigenen Angaben aber dabei mitgemacht, wäre es gefragt worden, sich zu beteiligen.
Für den Fall, dass die Türkei weiter massiv Menschenrechte verletzte, forderte indes der außenpolitische Sprecher der SPD im Deutschen Bundestag, Nils Schmid, Konsequenzen. Im Fall von Osman Kavala setze Ankara Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) nicht um, erinnerte Schmid am Dienstag im rbb-inforadio.
"Wenn die Türkei daran festhält, diese Urteile nicht umsetzen zu wollen, dann ist ein Ausschluss aus dem Europarat unausweichlich", sagte der SPD-Außenpolitiker. Auch der außenpolitische Sprecher der CDU im Deutschen Bundestag, Johann Wadephul, betonte am Dienstag, dass der Westen weiterhin die Umsetzung aller internationalen Urteile fordern werde. "Der Europarat hat hier eine Frist auf November gesetzt. Es darf unsererseits kein Wackeln geben", sagte Wadephul der Nachrichtenagentur Reuters.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte fordert bereits seit 2019 Kavalas Freilassung und argumentierte etwa mit einem Mangel an Beweisen. Die Türkei ignoriert das Urteil bisher, obwohl sie als Mitglied des Europarats eigentlich zur Umsetzung verpflichtet ist. Der Europarat, der seinen Sitz in Straßburg hat und keine Institution der Europäischen Union ist, droht dem Land mit der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens, wenn Kavala nicht bis Dezember freigelassen wird.
Kommentare