APA - Austria Presse Agentur

EU fordert von Briten erneut Nominierung von Kommissar

Die EU hat Großbritannien erneut aufgefordert, einen Bewerber für die neue EU-Kommission zu nominieren. Die britische Regierung habe nicht auf einen Brief der künftigen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit einer entsprechenden Aufforderung geantwortet, sagte eine Sprecherin am Dienstag.

Von der Leyen habe deshalb erneut einen Brief nach London geschickt und erwarte nun eine Antwort "sehr bald vor Ende der Woche". Großbritannien hätte eigentlich schon Ende März aus der EU austreten sollen. Da es aber keine Mehrheit im britischen Unterhaus für das mit der EU ausgehandelte Austrittsabkommen gab, wurde der Brexit inzwischen bereits drei Mal verschoben. Neuer Austrittstermin ist nun Ende Jänner 2020.

Der britische Premierminister Boris Johnson hat inzwischen im Dezember Neuwahlen angesetzt und will offenbar vermeiden, durch die Ernennung eines Kommissars Zweifel an seinem Austrittswillen aufkommen zu lassen. Von der Leyen habe Großbritannien nun erneut an "seine Verpflichtung erinnert", einen Kommissar zu stellen, sagte die Sprecherin. "Die Zeit läuft ab."

Die Ersatzkandidaten aus Frankreich, Ungarn und Rumänien für die neue EU-Kommission von Ursula von der Leyen haben unterdessen eine erste Hürde im EU-Parlament genommen. Der Rechtsausschuss des EU-Parlaments gab am Dienstag in Brüssel Grünes Licht für Thierry Breton, Oliver Valheryi und Adina-Ioana Valean - die Abgeordneten sahen keine finanziellen Interessenskonflikte.

Im Fall des französischen Ersatzkandidaten Breton fiel das Votum des Ausschusses allerdings äußerst knapp aus. Zwölf Parlamentarier stimmten für ihn, elf gegen ihn, hieß es in Parlamentskreisen in Brüssel. Der frühere Finanzminister Breton wurde von Frankreich als Ersatzkandidat aufgestellt, nachdem Ex-Verteidigungsministerin Sylvie Goulard vom EU-Parlament als Bewerberin für die neue EU-Kommission wegen laufender Ermittlungen zu einer Affäre um Scheinbeschäftigung abgelehnt worden war.

Breton ist für den Bereich Binnenmarkt und Industriepolitik vorgesehen. Der 64-Jährige, der bisher das IT-Unternehmen Atos geführt hat, hatte sich von Aktien im Millionenwert getrennt.

Die bisherige rumänische Europaabgeordnete Adina-Ioana Valean und der ungarische Ersatzkandidat Oliver Valheryi wurden dagegen einstimmig bestätigt. Damit ist der Weg frei für die Anhörung aller drei Kandidaten in den zuständigen Fachausschüssen am Donnerstag.

Valean soll das Verkehrsressort leiten, Valheryi ist für den Bereich EU-Erweiterung und Nachbarschaftspolitik vorgesehen. Valheryi war bisher Botschafter Ungarns bei der Europäischen Union, er gilt als Vertrauter von Ministerpräsident Viktor Orban. Als EU-Erweiterungs- und Nachbarschaftskommissar soll er dem österreichischen EU-Kommissar Johannes Hahn folgen, der künftig für das EU-Budget zuständig ist.

Die konservativ-liberale EU-Abgeordnete Valean ist Vorsitzende des Industrie-Ausschusses im Europaparlament. Die vorherige - noch von der sozialdemokratischen Vorgängerregierung nominierte - Kandidatin Rumäniens, Rovana Plumb, war wegen finanzieller Interessenskonflikte vom Europaparlament gestoppt worden. Varhelyi ist Ersatzkandidat für Laszlo Trocsanyi. Er war bereits im Rechtsausschuss des Europaparlaments wegen möglicher Interessenskonflikte gescheitert. Die EU-Parlamentarier warfen ihm Unregelmäßigkeiten der Tätigkeit seiner Anwaltskanzlei in seiner Zeit als Justizminister von 2014 bis 2019 vor.

"Wie der Rechtsausschuss bei seinen ersten Sitzungen im Herbst gezeigt hat, nimmt er seine Aufgabe sehr ernst und erledigt sie gewissenhaft", sagte die ÖVP-Delegationsleiterin Karoline Edtstadler. Für das Europaparlament sei es wesentlich, bei den Anhörungen eine starke Rolle zu spielen.

Die EU-Kommission muss noch vom Europaparlament bestätigt werden. Die Abstimmung ist für den 27. November vorgesehen. Von der Leyens Team soll dann am 1. Dezember - mit einem Monat Verspätung - die Amtsgeschäfte übernehmen.