Auch Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) äußerte sich zum Auftakt der zweitägigen Konferenz, die vom Internationalen Zentrum für Migrationspolitik (ICMPD) organisiert wird, zur Situation nach dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel. Es sei "noch nicht absehbar, welche Auswirkungen das auf die globale Migration haben wird", sagte sie.
Schinas kündigte in seiner Rede die Schaffung eines "EU-Talentepools" an, den die EU-Kommission in Kooperation mit den europäischen Arbeitgeberverbänden im November ankündigen will. Es soll sich um eine Jobvermittlungsplattform handeln, auf der sich insbesondere Bürger von wichtigen Migrationsherkunftsländern bewerben können. "Damit werden wir irreguläre Migration verringern, Lücken im Arbeitsmark schließen und Stabilität in den Herkunftsländern schaffen. Jeder wird von diesem Paket profitieren. Aber ich weiß, dass dieses Paket auf Schärfste von den Populisten angegriffen werden wird, die sagen, dass wir die Tore öffnen", sagte der griechische Politiker. "Wir tun das nicht. Wir öffnen die Tür, damit die Leute damit aufhören, durch die Fenster zu springen."
Schinas hob in seiner Rede die Erfolge in der EU-Migrationspolitik hervor. "Nicht alle Probleme sind gelöst, aber wir sind auf dem Weg dorthin - zum ersten Mal nach vielen Jahren des Misserfolgs", sagte er unter Verweis auf das jüngst von den EU-Innenministern vereinbarte Asyl- und Migrationspaket. Er hoffe, dass dieses noch vor der Europawahl endgültig beschlossen werde und dann auch "alle an Bord" sein werden, so Schinas mit Blick auf den Widerstand aus Budapest und Warschau.
Migration sei ein komplexes Problem, dem mit allen verfügbaren Mitteln aus dem "Werkzeugkasten" der EU begegnet werden müsse, von der Grenzsicherung bis zur Luftverkehrspolitik. Schinas kündigte in diesem Zusammenhang eine Reihe von Einzelmaßnahmen an, etwa eine Verschärfung des Straftatbestands Menschenschmuggel, eine Senkung der Hürde für die Aufhebung von Visaerleichterungen für Länder, aus denen plötzlich viele irreguläre Migranten kommen oder auch Sanktionsmöglichkeiten für Fluglinien, die diese transportieren. Ein entsprechender Regelungsvorschlag "liegt immer noch auf dem Tisch des Rates", sagte Schinas mit Blick auf die EU-Regierungen. Diesen richtete er auch aus, dass die Verschärfung des Grenzschutzes und die Migrationspartnerschaften mit Ländern in Afrika "ein Preisschild" haben und die EU-Kommission deshalb eine Budgeterhöhung von zwei Milliarden Euro vorgeschlagen habe.
ICMPD-Generaldirektor Spindelegger zeigte sich in seiner Begrüßungsrede selbstkritisch. "Unsere Fähigkeit, über Migration zu kommunizieren, hat keine Fortschritte gemacht", sagte er. "Das macht uns in polarisierten Debatten angreifbar", sagte der frühere Vizekanzler in offenkundiger Anspielung auf die Affäre rund um das vom ICMPD errichtete Anhaltezentrum im bosnischen Flüchtlingslager Lipa, das innenpolitisch hohe Wellen geschlagen hatte. "Unsere Migrationspolitiken sind in einem viel besseren Zustand als wir manchmal glauben möchten, wenn wir Nachrichten konsumieren", sagte Spindelegger. Schließlich habe die internationale Kooperation in diesem Bereich ein Niveau erreicht, "das sich vor 30 Jahren niemand hätte vorstellen können". Weil aber auch die Herausforderungen zunehmen würden, "sehen wir den Fortschritt nicht immer", beklagte er.
Integrationsministerin Raab äußerte sich zum Auftakt der Konferenz lobend über die Tätigkeit des ICMPD. Vor 30 Jahren von Österreich und der Schweiz gegründet, sei es mittlerweile eine "unerlässliche Migrationsorganisation", die in 90 Staaten weltweit aktiv sei und große Expertise habe. Als "zentral" hob Raab die Schaffung von "Migrationspartnerschaften" mit Herkunftsländern hervor. "ICMPD ist in dieser Hinsicht als Brückenbauer ein unschätzbarer Partner", betonte sie. Als "Vorbild" in Sachen Migrationspolitik hob sie Kanada und dessen Einwanderungsprogramme für qualifizierte Migranten hervor. Hingegen brauche es "Jahre, wenn nicht Generationen, bis Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich sind", schilderte sie die österreichischen Erfahrungen.
Das 1993 vor dem Hintergrund der Flüchtlingsbewegungen während der Balkankriege gegründete ICMPD unterstützt Regierungen mit Expertise und Projekten bei der Bewältigung von Migration. Insgesamt gehören 19 Staaten - darunter zahlreiche osteuropäische Staaten, Deutschland, Schweden und die Türkei - der Organisation an. Zahlreiche Minister, Staatssekretäre und Spitzenbeamte der ICMPD-Staaten, aber auch ihrer Partnerländer in Afrika und Asien nehmen an der VMC teil.