EU ringt um Antwort auf Weißrussland-Krise
Nach Angaben von Diplomaten und EU-Vertretern befürworten Deutschland, Litauen, Lettland, Schweden und Österreich eine harte Haltung gegen die Regierung von Präsident Alexander Lukaschenko. Dagegen machte vor allem Ungarn seine Vorbehalte am Donnerstag deutlich und mahnte einen Dialog mit der Führung in Minsk an. Die Entscheidung über Sanktionen muss einstimmig fallen. Für die Videokonferenz am Freitag wurde noch kein Beschluss erwartet.
Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) stellte am Donnerstag Sanktionen in den Raum. Schallenberg stellte in der "ZiB1" des ORF vier Forderungen auf: ein Ende der Gewalt sowie die Freilassung der "willkürlich festgenommener Demonstranten und Journalisten". Außerdem forderte er, dass die "Internetblockade sofort aufhört" und dass ein umfassender innerstaatlicher Dialog stattfinden müsse. "Und ich glaube, dass die EU gut daran tut, dass falls diese Schritte nicht gesetzt werden von weißrussischer Seite, dass wir durchaus auch gezielte Sanktionen in den Raum stellen."
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erklärte via Twitter: "Die Entwicklungen in #Belarus und das seit Tagen gewaltsame Vorgehen gegen Demonstranten verurteilen wir auf das Schärfste." Er fügte hinzu: "Es braucht eine klare Reaktion der #EU." Und auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen zeigte sich angesichts der Eskalation der Situation zutiefst besorgt. "Gewalt, willkürliche Verhaftungen und Repression der Behörden gegen friedliche Demonstrantinnen und Demonstranten sowie Medien sind inakzeptabel und aufs Schärfste zu verurteilen", twitterte das Staatsoberhaupt am Donnerstag.
Der deutsche Außenminister Heiko Maas sagte in Berlin, die Hoffnung auf eine Besserung in Weißrussland habe sich nicht bewahrheitet. "Also werden wir den Druck erhöhen müssen." Auch über Sanktionen müsse geredet werden. In Weißrussland protestieren seit Sonntag Zehntausende Menschen gegen die Ausrufung von Amtsinhaber Lukaschenko zum Sieger der Präsidentenwahl. Die Opposition wirft ihm Wahlbetrug vor. Die Sicherheitskräfte gehen verschärft gegen Demonstranten vor, Tausende Menschen wurden festgenommen.
Deutschland, das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, hat das Vorgehen wiederholt scharf kritisiert und die Wahl als nicht demokratisch bezeichnet. Erst 2016 hatte die EU Sanktionen gegen Weißrussland aufgehoben, weil sie Fortschritte im Umgang mit den Menschenrechten in dem Land festgestellt hatte. Jetzt wird erwogen, diese Entscheidung rückgängig zu machen.
Der lettische Außenminister Edgars Rinkevics forderte individuelle Sanktionen gegen Vertreter der weißrussischen Regierung, die für die Entwicklungen verantwortlich seien. Ungarns Außenminister Peter Szijjarto mahnte dagegen, die Entwicklung der Beziehungen zwischen der EU und der Regierung in Minsk dürfe nicht verbaut werden. Auch die ungarische Regierung ist in der EU wegen Vorwürfen umstritten, sich nicht an demokratische Standards zu halten.
Ein EU-Diplomat verwies auf die Haltung in Budapest. "Wie weit wir gehen werden, hängt vor allem von Ungarn ab", sagte er. Ein EU-Vertreter sagte, es gebe bisher keine Signale, dass einer der 27 Mitgliedstaaten eine Entscheidung blockieren werde. Es gelte jetzt abzuwägen, einerseits Druck auf die Führung in Minsk auszuüben, ohne Lukaschenko andererseits weiter in die Arme Russlands zu treiben. Eine Entscheidung wurde frühestens bei einem geplanten Treffen der Minister am 27. und 28. August in Berlin erwartet. Derzeit besteht ausschließlich ein EU-Waffenembargo gegen Weißrussland.
Russland macht ausländische Kräfte für die Lage in Weißrussland mitverantwortlich. Außenminister Sergej Lawrow sagte, seine Regierung sei besorgt über die Entwicklung im Nachbarland. Es gebe Versuche einer Einmischung von außen, um Weißrussland zu destabilisieren.
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