APA - Austria Presse Agentur

Europäischer Drogenbericht ortet mehr Konsum daheim

Der Drogenkonsum in Europa hat sich in Zeiten der starken Corona-Beschränkungen vom "Night Life" in die Wohnhäuser verlagert.

Zudem gibt es Hinweise darauf, dass in den frühen Lockdown-Phasen das Interesse an Substanzen wie Ecstasy geringer war, da diese  eher mit Freizeitveranstaltungen in Verbindung gebracht werden. Der Konsum der meisten Drogen "erholte" sich im Sommer aber wieder, geht aus dem am Mittwoch in Lissabon publizierten Europäischen Drogenbericht 2020 hervor.

Mit Abstand am häufigsten wurde laut den Schätzungen der EU-Drogenbeobachtungsstelle EMCDDA im Jahr 2020 in der Europäischen Union neuerlich Cannabis konsumiert. 22,2 Millionen EU-BürgerInnen im Alter von 15 bis 64 Jahren griffen zu Marihuana oder Haschisch. Das sind 7,7 Prozent der 15- bis 64-Jährigen, bei den Unter-35-Jährigen sogar 15,4 Prozent (15,8 Millionen Konsumenten). Die Werte für Österreich in dem Bericht lagen leicht darunter, stammten jedoch aus dem Jahr 2015.

Für dich ausgesucht

Über 3 Millionen EU-BürgerInnen haben gekokst

Im Vorjahr haben geschätzt 3,5 Millionen EU-BürgerInnen Kokain eingenommen. Das sind 1,2 Prozent der 15- bis 64-Jährigen. Zudem wurde im Jahr 2019 eine Rekordmenge von 213 Tonnen dieser Substanz beschlagnahmt, nach 177 Tonnen im Jahr 2018. Nach den Kokain-Konsumenten folgte Ecstasy (MDMA/Methylen-Dioxy-Methyl-Amphetamin) mit rund 2,6 Millionen Usern in der EU im Vorjahr. Beim Amphetamin-Konsum wurde die Zahl der AbnehmerInnen für das Vorjahr auf zwei Millionen geschätzt.

Die Zahl der Hochrisiko-Opioid-Konsumierenden in der EU wird mit einer Millionen angegeben. Heroin und andere Opioide waren auch für 76 Prozent aller tödlichen Überdosierungen verantwortlich. Für die Gesamtzahl der Drogentoten durch eine Überdosis lagen in dem Bericht Zahlen aus 2019 vor. Aus Österreich wurden 196 Todesfälle angegeben, nach 184 im Jahr 2018. In der ganzen EU starben im Jahr 2019 schätzungsweise 5.141 Menschen aufgrund einer Überdosis.

Besondere Bedenken werden in dem Bericht im Zusammenhang mit dem Missbrauch von Benzodiazepinen – also bestimmten Schlaf- und Beruhigungsmitteln – geäußert. Ein Anstieg des Konsums in Europa sei dabei bei Hochrisiko-Drogenkonsumierenden, Strafgefangenen und einigen Gruppen von Konsumierenden von Freizeitdrogen zu beobachten gewesen. Das ist laut EMCDDA möglicherweise auf die hohe Verfügbarkeit und die niedrigen Kosten dieser Substanzen sowie auf pandemiebedingte psychische Gesundheitsprobleme zurückzuführen.

Für dich ausgesucht

Drogenmarkt passt sich der Corona-Pandemie an

Der Drogenmarkt passe sich weiterhin an die Covid-19-Krise an. Auf der Großhandelsebene schlägt sich das laut dem Report in Änderungen bei den Schmuggelrouten und -methoden nieder. Der Schmuggel über Container und kommerzielle Lieferketten rücke statt menschlicher Kuriere stärker in den Vordergrund. Straßendealer- und -käufer passten sich nach den ersten Lockdowns an und setzten verstärkt auf verschlüsselte Nachrichtendienste, Social-Media-Apps, Online-Quellen sowie Post- und Lieferdienste.

"Wir erleben derzeit einen dynamischen und anpassungsfähigen Drogenmarkt, der den Covid-19-Beschränkungen standhält. Wir sehen auch Muster des Drogenkonsums, die immer komplexer werden, da Konsumierende einer breiteren Palette hochpotenter natürlicher und synthetischer Substanzen ausgesetzt sind", erläuterte EMCDDA-Direktor Alexis Goosdeel laut einer Aussendung.

"Mit den neuen EU-Strategien für Sicherheit und Drogenbekämpfung werden unsere Mitgliedstaaten über solide Instrumente verfügen, um dieser Notlage durch einen ausgewogenen Ansatz zu begegnen, bei dem sowohl Drogenmärkte wie auch Drogenkonsum berücksichtigt werden und der von der EMCDDA unterstützt wird", betonte die EU-Kommissarin für Inneres, Ylva Johansson.