APA - Austria Presse Agentur

Europaparlament fordert weitere Sanktionen in Fall Nawalny

Nach der Festnahme und Verurteilung des russischen Oppositionsführers Alexej Nawalny hat das Europaparlament weitere Sanktionen gegen Russland gefordert. Die verantwortlichen Personen und Organe für die Vergiftung, die Verhaftung und die Verurteilung Nawalnys sollten sanktioniert werden, forderten die EU-Abgeordneten in einer am Donnerstag verabschiedeten Entschließung.

Auch russische Oligarchen und deren Familien sollen demnach mit den Strafmaßnahmen belegt werden. "Die Europäische Union sollte nicht länger ein Ort sein, der russischen Reichtum unklarer Herkunft willkommen heißt", hieß es in dem Dokument.

Das Parlament verlangte von der Staatengemeinschaft zudem, die Beziehung zu Russland neu zu definieren. Im Zentrum müssten demokratische Werte, Rechtsstaatlichkeit, Grund- und Menschenrechte stehen. Kooperationen müssten kritisch hinterfragt werden, so auch das Projekt Nord Stream 2. Die Abgeordneten sprachen sich für einen sofortigen Stopp des Erdgasvorhabens aus.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatte in der Plenardebatte am Dienstag darauf hingewiesen, dass Sanktionen in der Verantwortung des Rates der Mitgliedsstaaten lägen. Wenn diese es wünschten, würde man auch mit restriktiven Maßnahmen reagieren. Borrell hatte betont, die Beziehung der EU zu Russland sei nicht auf die Vergiftung Nawalnys zu reduzieren. Man müsse Kommunikationskanäle offen halten.

Mehrere EU-Staatenvertreter hatten weitere Sanktionen als realistisches Mittel bezeichnet. Bereits im vergangenen Jahr hatte die EU in Folge von Nawalnys Vergiftung mit dem Kampfstoff Nowitschok im August Einreise- und Vermögenssperren gegen mutmaßliche Verantwortliche aus dem Umfeld von Russlands Präsident Wladimir Putin verhängt. Nawalny war nach seiner medizinischen Behandlung in Deutschland am Wochenende nach Russland zurückgekehrt und wurde dort umgehend verhaftet. In einem Eil-Verfahren wurde er wegen Verstoßes gegen Bewährungsauflagen zu 30 Tagen Haft verurteilt worden.

Russland hatte zuvor seine Gangart gegenüber Nawalny weiter verschärft. So forderte die Telekommunikationsaufsicht Roskomnadsor, dass soziale Netzwerke Werbung für den inhaftierten Oppositionspolitiker unterbinden sollen. "Wir ersuchen Sie unverzüglich, umfangreiche Maßnahmen zu ergreifen, um die Verbreitung solcher rechtswidriger Informationen auf der TikTok-Platform zu verhindern".

Roskomnadsor bezieht sich konkret auf Aufrufe, an einer angekündigten und nicht genehmigten Demonstration für den Kremlkritiker teilzunehmen. Neben TikTok wendete sich die Aufsichtsbehörde auch direkt an Russlands größtes soziales Netzwerk VKontakte. Roskomnadsor warnt davor, dass vor allem Jugendliche dazu animiert werden könnten, sich an illegalen Aktivitäten zu beteiligen, die ihr Leben und ihre Gesundheit in Gefahr bringen könnten.

Russlands Innenministerium warnte mit Nachdruck vor der Teilnahme an Massenprotesten am Samstag und drohte mit Konsequenzen. Es werde alles unternommen, um die nicht genehmigten Demonstrationen zu verhindern, teilte Russlands Innenministerium mit. Das Innenministerium warnte vor einer "Destabilisierung" der Lage wie zuletzt bei den blutigen Massenprotesten in Kirgistan und Belarus.

Demonstrationen seien in mehr als 60 Städten geplant, teilte Nawalnys Team auf Twitter mit. Wie ein Lauffeuer verbreiteten sich die Protestaufrufe in den sozialen Netzwerken, millionenfach auch bei Tiktok. Moskaus Behörden warnten davor, junge Menschen nicht zu Protesten anzustiften. Im Internet kursierte auch ein Video mit Szenen, in denen Schüler die im Land verbreiteten Porträts von Putin mit dem Bild von Nawalny überklebten.