"Fahrradkonzert" der styriarte machte Graz zur Bühne

Zuerst in die Pedale treten, dann Musik genießen
So ganz entspannt waren die styriarte-Organisatoren angesichts der Unwetter der vergangenen Tage ja nicht, aber letzten Endes ging alles gut.

Die Bühne bei dem in vier Startgruppen aufgeteilten "Fahrradkonzert" vom Samstag war die steirische Landeshauptstadt selbst, beziehungsweise verschiedene, teils ungewöhnliche Spielorte wie die alte Kanzlei der ehemaligen Brauerei Reininghaus und der grüne Hof des Grazer Caritas-Hauptquartiers.

Gestartet wurde aber ganz konventionell in der Lobby der Helmut List Halle, wo die beiden Flötistinnen Maria Beatrice Cantelli und Sandra Stini mit zwei als musikalische "Reiselektüre" geschriebenen Flötenduos von Ludwig van Beethoven und Georg Philipp Telemann die rund 80 Teilnehmenden der jeweiligen Gruppe auf die nachmittägliche Radtour durch Graz einstimmten.

Weiter ging's im langsamen und von Mitgliedern eines Grazer Lastenfahrradkurierdienstes gesicherten Fahrradkonvoi in den noch immer im Entstehen begriffenen, aber doch auch schon einigermaßen funktionierenden Stadtteil Reininghaus. Hier durfte das "Business Center" im alten Kanzleigebäude der einstigen Grazer Vorzeigebrauerei mit seiner spätbiedermeierlichen Stiegenhalle als Bühne für Posaunen-Tausendsassa Bertl Mütter herhalten, der sich und der Tubistin Anna Guggenberger das Stück "Ohrenbrauen, für Hopfenposaune und Malztuba" als den Genius Loci beschwörendes Auftragswerk maßgeschneidert hatte. Das schräge, ein bisschen an die großen Widerborstigen der 1970er-Jahre, Werner Pirchner und Uzzi Förster erinnernde Stück litt allerdings unter der schaurigen Akustik des Raumes.

Die nächste Station führte durch das Griesviertel zu den Minoriten in der Grazer Mariahilferstraße. Im unlängst mustergültig renovierten Kreuzgang des Konvents wartete bereits der Grazer Percussion-Papst Günther Meinhart mit seinem Studio Percussion Ensemble. Die sechs Schlagwerker gaben dem Fahrradkonzertpublikum einen Vorgeschmack auf das später am Abend in voller Länge aufgeführte Werk "Timber" des US-amerikanischen Komponisten Michael Gordon - gespielt auf sechs Schlagbrettern, die eine überraschende Klangvielfalt offenbarten.

Über die Kalvarienbrücke führte der musikalische Parcours anschließend ins bürgerliche Geidorf-Viertel, wo im "Salon Stolz", dem in einem Pensionistenheim untergebrachten Robert-Stolz-Museum Musik von ebendiesem dargeboten wurde. styriarte-Dramaturg Thomas Höft besorgte die historische Kontextualisierung der in seichteren Gewässern angesiedelten Stolz-"Hits" à la "Die ganze Welt ist Himmelblau". Sängerin Lili Kornhuber und Pianistin Thais Bauer intonierten sie wohltuend dezent.

Zum Abschluss wurde es dann folkloristisch-beschwingt, als der venezolanisch-Grazer Perkussionist Ismail Barrios und sein aus venezolanischen Landsleuten bestehendes Cuarteto im Garten der Grazer Caritas im "Paulinum" in der Grabenstraße einen akustischen Schnappschuss der reichen Musiktradition ihres Heimatlandes ablieferten. Inklusive Joropo und 5/8-Merengue.

(Von Andreas Stangl/APA)

(S E R V I C E - Festival styriarte noch bis 21. Juli. Programm und Infos unter: https://styriarte.com)

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