APA - Austria Presse Agentur

Fallstricke für Verhandlungen zum neuen Eltern-Kind-Pass

Die Regierung hat die Sozialversicherungen beauftrag, mit der Ärztekammer die Honorare für die Leistungen der Mediziner für den geplante neuen, digitalen Eltern-Kind-Pass zu verhandeln. Peter Lehner, der Co-Vorsitzende des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger, beklagt dazu jedoch, dass er von der Politik keinen finanziellen Spielraum dafür hat, und daher nicht sinnvoll verhandeln könne. Das Sozialministerium beruhigt und zeigt sich von einer Einigung überzeugt.

In einem am Mittwoch beschlossenen Ministerratsvortrag hat die Regierung einen Ausbau der Leistungen aus dem jetzigen Mutter-Kind-Pass beschlossen und angekündigt, dass der neue, digitale Eltern-Kind-Pass 2024 fertig sein soll. Die neuen Honorare für die Leistungen soll die Sozialversicherung mit der Ärztekammer verhandeln. "Auf Basis dieses neuen Leistungsspektrums (... ) werden die Kostenersätze und Vergütungen für Gesundheitsdienstleistende angepasst und die Sozialversicherung beauftragt, einen dazugehörigen Honorarkatalog zu verhandeln", heißt es in dem Ministerratsvortrag.

Lehner kündigte nun am Donnerstag im Gespräch mit der APA an, dass der Dachverband der Sozialversicherungsträger in Abstimmung mit den Trägern diese Verhandlungen führen werde. Beschlossen müsse ein neuer Honorarkatalog dann von der Konferenz der Sozialversicherungsträger werden.

In dem Ministerratsvortrag ist auch festgehalten, dass die Finanzierungsaufteilung zwischen der Sozialversicherung und dem Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) unverändert bleibt. Zwei Drittel finanziert der FLAF, ein Drittel kommen von der Sozialversicherung - zuletzt waren das insgesamt rund 62 Millionen Euro. Allerdings finanziert die Sozialversicherung nur die medizinischen Leistungen, wodurch diese insgesamt betrachtet nicht ein Drittel sondern nur rund 20 Prozent beisteuert.

Für die Verhandlungen beklagte Lehner nun, dass er keinen finanziellen Spielraum von der Politik bekommen habe und nicht wisse, wie viel er aus dem FLAF dafür zur Verfügung habe. Unklar sei damit auch, wie viel Geld für die Verhandlungen über die Ärzte-Honorare und wie viel für neue Leistungen aus dem Eltern-Kind-Pass vorhanden sei. Aus dem Gesundheitsministerium hieß es dazu gegenüber der APA, dass Honorare traditionell immer zwischen den Sozialversicherungen und den Kammern ausverhandelt würden. Und der finanzielle Rahmen dafür werde nun durch das Bundesbudget vorgegeben. ÖGK-Obmann Andreas Huss wiederum hielte es für sinnvoll, wenn sich der Bund an den Verhandlungen beteiligen würde, weil er ja auch zwei Drittel der Kosten trage und die Sozialversicherung "maßgeblich auf Kosten eines Dritten" verhandle.

Dass es zu einer Einigung mit der Ärztekammer komme, darüber zeigte sich nicht nur die Regierung zuversichtlich, sondern auch Huss und Lehner. Alle beteiligten, auch die Ärzte, wollten einen Ausbau der Leistungen und diese "Leuchtturmprojekt", wie es Lehner bezeichnet. Angesichts der Drohung der Ärztekammer mit einem Ausstieg aus dem jetzigen Mutter-Kind-Pass mit Jahresende sollte bis dahin keine Einigung erzielt werden, meinte der Dachverbands-Co-Chef allerdings, dass es "an ein Wunder grenzen" würde, wenn man das bis dahin schaffen wolle. Er verwies jedoch auf eine dreimonatige Kündigungsfrist, womit ein allfälliger vertragsloser Zustand erst mit Anfang April 2023 eintreten würde. Und bis dahin könnte man sich schon einigen.

Dass eine Einigung allerdings nicht ganz so leicht wird, machte Edgar Wutscher, Vizepräsident der Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte schon deutlich. Im Ö1-"Morgenjournal" meinte er, dass die Honorare für den Mutter-Kind-Pass seit 28 Jahren nicht angehoben worden seien und eine Abgeltung der Inflation 70 Prozent ausmachen würde, wobei die 10 Prozent für heuer noch gar nicht einberechnet seien. "Das ist die Größenordnung über die wir reden müssen." Lehner wollte das nicht allzu ernst nehmen: "Das ist der Ausgangspunkt der Ärzte. Wir haben einen anderen Ausgangspunkt für die Verhandlungen." Lehner bestätigte zwar, dass die Leistung des Mutter-Kind-Passes seit 28 Jahren nicht valorisiert worden sei, allerdings seien andere Positionen, die im Rahmen des Mutter-Kind-Passes verrechnet werden, wie etwa eine Basisordination, sehr wohl erhöht worden.

Huss verwies darauf, dass von den fünf zusätzlichen Leistungen im künftigen Eltern-Kind-Pass drei Punkte die Ärzteschaft betreffen. Ein Hörscreening, ein zusätzlicher Ultraschall und ergänzende Laboruntersuchungen müssten natürlich durch Honorare abgedeckt werden. Die zusätzliche Hebammenberatung sei von der Sozialversicherung schon vorbereitet worden. Und die psychosoziale Beratung von werdenden Familien werde teilweise schon im Projekt Frühe Hilfen abgedeckt, zusätzliche Beratungen gleichzeitig durch PsychologInnen wären mit Sicherheit ein großer Gewinn für die Familien, so Huss.

Wichtig ist Lehner auch, dass der jetzige analoge Pass nicht einfach nur digital abgebildet wird, sondern es gehe um einen digitalen Prozess. Es gehe dabei auch um die Verknüpfung mit der Elektronischen Gesundheitsakte ELGA, um ein Erinnerungsservice und um die elektronische Abrechnung mit den Ärzten. Deshalb könne die Umsetzung nur die Sozialversicherung machen.