Felbermayr: USA wachsen uns wieder gewaltig davon

Felbermayr: USA wachsen uns kräftig davon
Wegen der enormen Konjunkturprogramme der USA und aus strukturellen Gründen wächst die Wirtschaft der Vereinigten Staaten auch jetzt nach der Coronakrise schneller als die europäische. Bereits vor der Krise seien die USA der Eurozone mit ihrer relativen schwachen Dynamik gewaltig davongewachsen, sagte der designierte Wifo-Chef, IfW-Präsident Gabriel Felbermayr, am Dienstag beim Verbund-Energiefrühstück in Wien.

Die Eurozone sei stärker eingebrochen und im vierten Quartal 2020 sowie im ersten Quartal 2021 geschrumpft. "Die USA haben sich diese zweite Delle erspart und kommen daher viel besser aus der Krise", meinte der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW). Das sei kein neues Phänomen - die Wachstums-Türmchen seien in der Eurozone geringer.

Die Coronakrise habe Europa diverser und ungleicher gemacht - einzig das Baltikum, Rumänien, Luxemburg und Irland hätten in dieser Zeit etwas profitieren können. Aber insgesamt sei das vergangene Jahr für die Eurozone ein "annus horribilis" gewesen. Aktuell brumme die Wirtschaft jedoch bei aller Heterogenität "überraschend stark".

Für die transatlantische Zusammenarbeit gebe es keine Alternative. Von der enormen Erfolgsgeschichte Chinas in den letzten Jahrzehnten habe auch Österreich profitiert, etwa im Bereich Maschinenbau. Nach Kaufkraftparitäten seien wir von China bereits überholt worden, in laufenden Dollar gerechnet hätten noch die USA die Nase vorn. China werde es bis 2040 auf knapp ein Viertel des weltweiten BIP schaffen, dabei aber "steckenbleiben", weil das Land "früher alt" werde; 2020 lag China bei 19 Prozent des globalen BIP. EU und USA gemeinsam würden von 31 Prozent bis 2040 auf 27 Prozent zurückfallen.

Die Eurozone tue sich langfristig schwer mit dem Wachstum, der europäische Binnenmarkt sei das einzige Asset. Im geostrategischen Wettbewerb sei es daher wichtig, wie der Binnenmarkt gestaltet sei. Denn anderen Ländern gehe es auch "ganz knallhart um politische Macht", so Felbermayr. "China macht das sehr gut, auch mit der 'Neuen Seidenstraße'. Wir müssen uns strategisch fragen, wie gehen wir mit einem solchen Land um." Handelspartnern sollte nahegebracht werden, dass sie die Umwelt- oder Technologiestandards oder die europäische Datenschutzgrundverordnung akzeptieren müssten, um "hereinkommen" zu können. Zur transatlantischen Zusammenarbeit gebe es keine Alternative.

Es sei sehr klug, dass Europa nicht so stark auf die Tube drücke, also nicht so leicht durch Schuldenaufnahme Geld für die Konjunktur lockermachen könne wie die US-Notenbank Fed, argumentierte der designierte Chef des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo), der seine neue Funktion in Wien am 1. Oktober antreten wird. Eine Inflation von fünf Prozent wie in den USA, die Kehrseite der Medaille, sollte man sich wegen der dadurch drohenden Lohn-Preis-Spirale nicht wünschen.

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