APA - Austria Presse Agentur

Filmjahr 2020: Weniger Kinotickets und mehr Streamingabos

Früher war alles besser - eine Aussage, die für die heimische Kinobranche in von Lockdowns geprägten Pandemiezeiten zweifelsohne zutrifft. So verzeichneten die heimischen Lichtspielhäuser im vergangenen Jahr einen massiven Einbruch bei den Besucherzahlen, wie der neue Filmwirtschaftsbericht 2021, der das Jahr 2020 betrachtet, wenig überraschend schwarz auf weiß dokumentiert. Nach 13,7 Millionen Kartenverkäufen 2019 kam man 2020 auf gerade einmal 3,9 Millionen.

Auch die Zahl der in den Kinos zu sehenden Filme ging massiv zurück. Hatte es 2019 noch einen Rekordwert von 488 gezeigten Filmen gegeben, brach diese Zahl auf 310 ein. Immerhin fiel der Rückgang bei der Infrastruktur moderater aus. So sank die Zahl der Kinos von 142 auf 140, die der Kinosäle in Österreich von 569 auf 562. Und der Blick auf die schieren Unternehmenszahlen der Branche allgemein offenbart sogar Zuwächse. So stieg die Zahl der im Filmsektor tätigen Unternehmen in Österreich von 2.534 auf 2.709, ebenso die Zahl der Beschäftigten, die von 8.156 auf 8.594 zulegte.

Dennoch war das vergangene Jahr kein per se gutes für den heimischen Film, der nach 44 im Kino erstaufgeführten Werken im Jahr 2019 im vergangenen Jahr nur mehr 24 Filme auf die Leinwand bringen konnte. Der Marktanteil heimischer Produktionen, der 2019 bei nur 3,3 Prozent gelegen hatte, stieg 2020 allerdings mit 214.343 Besuchen auf 5,6 Prozent. Und der Marktanteil europäischer Produktionen bei den Besucherzahlen schnellte für die 2020 frisch ins Kinos gebrachten Filme ebenfalls von 23 Prozent auf 34,4 Prozent in die Höhe. Allerdings gilt hier zu beachten, dass der Marktanteil bei der Zahl der ins Kino gebrachten Werke aufgrund der Zurückhaltung Hollywoods deutlich erhöht wurde - und zwar von 34,5 Prozent auf 61,2 Prozent.

Angesichts allgemein gesunkener Zuschauerzahlen waren die Siegerplätze der beliebtesten Filme 2020 entsprechend auch "billiger" zu erreichen. Kam 2019 der allgemeine Spitzenreiter, die computeranimierte Neuverfilmung von "Der König der Löwen", noch auf knapp 840.000 Besuche, konnte sich 2020 der Actionfilm "Bad Boys for Life" schon mit knapp 193.000 Besuchen die Krone holen. Christopher Nolans "Tenet" kam mit 177.918 Gästen auf Platz 2, gefolgt von "Die fantastische Reise des Dr. Dolittle", der sich mit 148.474 verkauften Tickets den Stockerlplatz sicherte. Bei den österreichischen (teils koproduzierten) Werken stand indes "Vier zauberhafte Schwestern" mit rund 47.786 Besuchen an der Spitze, gefolgt vom Dokumentarfilm "Die Dohnal", der auf 41.608 Zuschauerinnen und Zuschauer kam, und dem Thriller "7500", der 15.804 Gäste zählte.

Dabei betrachtet der Filmwirtschaftsbericht nicht nur die Kinos, sondern auch den Streaming- und Video-on-Demand-Markt (VOD). "Digital gewinnt, haptisch verliert. Das Kino als Ort der sozialen Interaktion, des gemeinsamen Filmerlebnisses wird auf eine harte Geduldsprobe gestellt", unterstreicht dazu Roland Teichmann als Direktor des Österreichischen Filminstituts im Filmwirtschaftsbericht. Demnach hat sich die Zahl der Nutzerinnen und Nutzer von VOD-Diensten von 2019 aus 2020 um 300.000 von 2,4 auf 2,7 Millionen erhöht. Bezüglich Reichweite baute YouTube seine Spitzenposition bei den Plattformen aus und kam 2020 auf 77,8 Prozent nach 71,1 Prozent, gefolgt von Amazon Prime mit 36,5 Prozent (2019: 32,5 Prozent) und Netflix mit 31,9 Prozent (nach 26,5 Prozent im Jahr davor). Bei der Nutzungszeit der Onlinevideos indes liegt Netflix mit 23,6 Prozent vor Youtube mit 21 Prozent.

Dabei gilt es, die Streaminganbieter auch als Contentfaktor nicht außer Acht zu lassen, wie der Filmwirtschaftsbericht aufzeigt. Demnach hat Netflix im Jahresvergleich die Anzahl originär europäischer TV-Produktionen von 44 auf 72 gesteigert und sich damit zum größten Auftraggeber für TV-Drehbücher aufgeschwungen - vor der BBC, France TV, ARD oder ZDF.

Alles in allem also eine durchaus dynamische Entwicklung am Markt, die Teichmann zugleich mit Ruhe zu betrachten empfiehlt: "Das Jahr 2020 hat für die Filmwirtschaft gezeigt, dass eine Krise wie die Coronapandemie Veränderungen beschleunigen kann, die Strukturen aber stabil sind und Randbedingungen weit weniger Einfluss haben, als das in der alarmistischen Tagesbetrachtung erscheinen mag. Gelassenheit ist also gefordert! Wir müssen daher gerade jetzt noch sorgfältiger beobachten, keine voreiligen Schlüsse ziehen und die langfristigen Tendenzen herausschälen und diese von den gerade aktuellen Ereignissen unterscheiden."