APA - Austria Presse Agentur

Finanzminister in Rumänien mit Regierungsbildung beauftragt

In Rumänien hat Staatspräsident Klaus Johannis am Mittwoch den Finanzminister des abgewählten liberalen Minderheitskabinetts, Florin Citu, mit der Regierungsbildung beauftragt. Am Dienstag hatte der zunächst designierte Premierminister Ludovic Orban seinen Regierungsauftrag zurückgeben müssen.

Die oppositionellen Postkommunisten (PSD) hatten die Vertrauensabstimmung über das neue Kabinett Orbans bis Ablauf der dafür vorgesehenen Frist boykottiert. Johannis stellte nach den Sondierungsgesprächen am Mittwoch mit den Fraktionen in einem knappen Statement klar, dass keine der großen Fraktionen den Regierungsauftrag beansprucht hat. Er hoffe, dass mit dem neuerlichen Regierungsauftrag nun auch die Blockadehaltung der letzten Wochen ein Ende nehme, fügte der Staatschef hinzu.

Johannis' neuer Personalvorschlag hat indes wenig Chancen, bei den Postkommunisten und den ihnen nahestehenden Fraktionen gut anzukommen. PSD-Interimschef Marcel Ciolacu hatte nämlich wiederholt hervorgehoben, dass seine Partei "keinem neuen Kabinett unter einem liberalen Regierungschef", sondern ausschließlich "einer Experten- oder einer Allparteienregierung" das Vertrauen aussprechen werde.

Zwar ist der 48-jährige Senator Florin Citu ein Experte, genauer gesagt ein Finanzexperte, jedoch gehört er zu den von der PSD am meisten angefeindeten Ministern des abgewählten liberalen Minderheitskabinetts. Citu studierte Makroökonomik und internationale Wirtschaft am Grinnell College (USA) und war anschließend für die Zentralbank Neuseelands, die Europäische Investitionsbank (EIB) und die niederländische Großbank ING tätig.

In die Politik ging Citu erst 2016, als er der Liberalen Partei (PNL) bei- und wenige Monate später auf deren Liste bei der Parlamentswahl 2016 antrat. Citu gilt als einer der führenden Finanzexperten des Landes, weswegen ihn der liberale Regierungschef Ludovic Orban vor drei Monaten auch mit dem Amt des Finanzministers betraute.

Seinen heutigen Regierungsauftrag werten rumänische Politikbeobachter daher als sicheres Zeichen, dass weder Staatschef Johannis noch die aktuell geschäftsführend regierenden Liberalen ihre Pläne über vorgezogene Neuwahlen endgültig begraben haben: Kein Minister der Regierung Orban sei von den Postkommunisten in den letzten Monaten öfter attackiert worden als Citu, es sei schlicht undenkbar, dass die PSD-Fraktion nun plötzlich eine Volte vollziehe und ein Kabinett unter seiner Führung absegne, so der Tenor. Spricht das Parlament Citu und seiner Ministerriege in den kommenden Wochen jedoch nicht das Vertrauen aus, so rücken die von den Reformpolitikern und der Zivilgesellschaft gleichermaßen erhofften ersten Neuwahlen der rumänischen Nachwendezeit endlich in greifbare Nähe.