APA - Austria Presse Agentur

Forderung nach Exzellenzinitiativen ab dem Kindergarten

Die von der Industriellenvereinigung (IV) gegründete Initiative "Neustart Schule" hat am Freitag der kommenden Regierung ausgerichtet, welche Baustellen sie aus ihrer Sicht im Bildungsbereich angehen muss. Dabei müsse sie unbedingt schon bei den Jüngsten ansetzen, betonte IV-Präsident Georg Kapsch. "Wir brauchen Exzellenzinitiativen auf allen Ebenen", nicht erst für Hochschulen.

Das werde über alle Bildungsebenen einige 100 Mio. Euro pro Jahr kosten, rechnete Kapsch vor, sei es aber wert. Immerhin, betonte auch Demograf Wolfgang Lutz von der Uni Wien, sei Bildung "wichtig und richtig für so ungefähr alles auf der Welt, das uns wichtig ist" - von Gesundheit über Lebenszufriedenheit und Wohlstand bis zur Wettbewerbsfähigkeit eines Landes. Gleichzeitig müsse man aber die Effizienz im Bildungssystem steigern, damit kein Geld verbrannt werde, so Kapsch.

Bildungspolitik müsse endlich heraus aus der Tagespolitik und eine überparteiliche Vision für ein Gesamtkonzept im Bildungsbereich entwickelt werden, betonte Bildungspsychologin Christiane Spiel von der Uni Wien. Außerdem müsse man es durch Einbindung der Betroffenen und professionelle Begleitung künftig schaffen, dass Reformen auch tatsächlich flächendeckend im Bildungssystem umgesetzt werden. Derzeit liefere die Bildungspolitik einen Zickzackkurs, kritisierte sie mit Verweis etwa auf die verpflichtende Wiedereinführung von Ziffernnoten und Sitzenbleiben an den Volksschulen. Dieses inkonsistente Vorgehen koste Geld, frustriere engagierte Lehrer und verunsichere das System.

Hannes Androsch, der "Neustart Schule" ebenso unterstützt wie andere Proponenten des Bildungsvolksbegehrens und Interessensverbände sowie NGOs aus dem Bildungsbereich, kritisierte, dass in Österreich immer nur an der Verwaltung geschraubt werde. "Es geht aber nicht um Schulorganisation, es geht um eine Bildungsreform", und die müsse alle Bereiche umfassen, von der Frühkindpädagogik bis zu verschränkten Ganztagsschulen in Form von Schulzentren mit autonomer Führung. "Das setzt auch voraus, dass Lehrer den ganzen Tag an der Schule und nicht vielleicht am Nachmittag im Nachhilfeunterricht sind."

"Wir haben noch immer ein extrem zentral ausgerichtetes Schulsystem, durchreguliert und hochbürokratisch", beklagte die frühere AHS-Direktorin und Bildungsexpertin Heidi Schrodt. Dabei mache es angesichts der Heterogenität in den Klassen gerade in den Städten überhaupt keinen Sinn, wenn etwa bei den Deutschförderklassen von Wien-Favoriten bis ins Montafon eine einheitliche Regelung gelte. Stattdessen müsse die Politik den Schulen "endlich Verantwortung überlassen, die diesen Namen auch verdient".

Ein "Ende der Sonntagsreden" über die Wichtigkeit von Frühkindpädagogik forderte Raphaela Keller vom Österreichischen Berufsverband der Kindergarten- und HortpädagogInnen (ÖDKH). Stattdessen brauche es Rahmenbedingungen, die zu den vielfältigen Anforderungen in Krippen, Kindergärten und Horten passen. Derzeit gebe es viel zu viele Kinder pro Pädagogin, aber keine multiprofessionellen Teams. Außerdem forderte sie eine Ausrichtung an den Entwicklungsphasen der Kinder anstelle starrer Altersgrenzen. Auch scheinbar banale Probleme gehören an Kindergärten und Co. angegangen, so Spiel: In einer Studie klagten etwa viele Pädagoginnen über massive Rückenprobleme, weil es dort keine Sesseln in Erwachsenengröße gibt.