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Forscher entwickeln auf Benutzer zugeschnittenes Gesundheitsportal

In der Medizin sind manche Dinge für Patienten auf die Kürze einfach schwierig zu erklären. Ein digitales, interaktives System, das hochwertige medizinische Informationen anschaulich, automatisch und zielgerichtet auf den Nutzer und dessen Bedürfnisse zuschneidet, entwickelt ein Forscherteam an der TU Graz, Med-Uni und Uni Graz. Das künftige Gesundheitsportal soll in spätestens viereinhalb Jahren Realität sein, wie die Forscher mitteilten.

Nur wer komplexe Informationen richtig versteht, kann richtige Entscheidungen treffen bzw. diese mittragen. Bei chronischen Krankheiten, deren Verlauf unterschiedlich sein kann, ist verständliche Information, die dem jeweiligen Status entspricht, daher besonders wichtig: Bei Diabetes beispielsweise, eine Stoffwechselerkrankung, die zum einen vielschichtig ist und sich zum anderen im Laufe der Zeit verändert. Rund zehn Prozent der Österreicher sind von Diabetes betroffen und haben ganz spezifische Informationsbedürfnisse, weltweit sind es an die 460 Millionen Erwachsene. Der Wunsch nach kompetenter Beratung ist hoch, ein interaktives und auf den Bedarf der jeweiligen Benützer zugeschnittenes Gesundheitsinformationssystem könnte hier durchaus wertvolle Hilfe leisten.

Bilder sagen mehr als Worte

Die visuelle Datenanalyse hilft dabei, denn zuweilen sagen Bilder mehr als Worte: Skizzen, Abbildungen verschiedene Diagramme verdeutlichen komplexe Zusammenhänge auf einen Blick. Was die Informationstiefe und Darstellung anbelangt, würden bisherige Gesundheitsinformationssysteme jedoch überwiegend für alle Nutzer gleiche Inhalte bieten, erklärte Tobias Schreck vom Institut für Computer Grafik und Wissensvisualisierung im Gespräch mit der APA. Zudem seien die Quellen vieler Gesundheitsportale im Internet oft nicht klar bzw. nicht qualitätsgesichert. "Wir wollen hier das Angebot auf ein neues Niveau heben, die Menschen über gesundheitliche Aspekte bestmöglich unterrichten und damit schlussendlich auch die Arzt-Patienten-Kommunikation verbessern", schilderte der Experte von der TU Graz.

"Dabei müssen natürlich die individuelle Situation, das individuelle Vorwissen - ob korrekt oder inkorrekt - der Person und ihr ganz spezifisches Informationsbedürfnis sowie ihre persönlichen Ziele in Betracht gezogen werden. Und zwar unter Berücksichtigung sogenannter kognitiver Verzerrungen: wenn also Informationen falsch wahrgenommen, interpretiert, erinnert oder beurteilt werden", umriss Psychologe Dietrich Albert, Leiter der Cognitive Science Section am Institut für Psychologie der Universität Graz, die Herausforderung. "Mit diesem neuen Angebot wollen wir die Fähigkeit einer Person, sich selbst Wissen anzueignen und damit Entscheidungen zu treffen, die der eigenen Gesundheit förderlich sind, deutlich verbessern", formulierte die Grazer Medizinerin Andrea Siebenhofer-Kroitzsch das Ziel des vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten interdisziplinären Projektes. Gerade in Österreich, wo laut Siebenhofer-Kroitzsch kaum 30 Prozent der Bevölkerung über eine gute Gesundheitskompetenz verfüge, sei das "besonders notwendig".

Fokus auf Diabetes

Das Team fokussiert zunächst auf Informationen aus dem Bereich Diabetes. Zuerst will man bei Diabetikern abfragen, welche Informationen sie sich wünschen: Von grundlegenden Informationen zur Krankheit, über einfache und komplexere Diagramme bis hin zu komplexeren Visualisierungen für Personen, die sich in das Thema vertiefen wollen. Das konkrete Nutzerinteresse soll auch mithilfe von Machine-Learning-Techniken und der Analyse der Interaktionen mit dem Informationssystem bis hin zum Eye Tracking - der Auswertung der Augenbewegungen - erkannt werden. Anhand einer ganzen Reihe von Kriterien wie Alter, Behandlungsphase, den individuellen kognitiven Eigenschaften, sowie dem akuten Informationsbedürfnis soll sich das System an den jeweiligen Benutzer anpassen. "Beispielsweise möchte nicht jede und jeder über die Prognose bei einem bestimmten Verhalten gleichermaßen Bescheid wissen", erklärte Schreck.

In einem Jahr sollen Software-Demos verfügbar sein, die gemeinsam mit Ärzten sowie Patienten Schritt für Schritt erprobt, evaluiert und weiterentwickelt werden. Im Jahr 2025 will man schließlich ein voll automatisiertes, interaktives und adaptives Websystem bereitstellen können. Weitere Einsatzmöglichkeiten sieht Schreck in digitalen Touch-Displays für Warteräume von Arztpraxen sowie in Smartphone-Apps.