Frau mit Rad gerammt: Verhandlung in Salzburg

Gerichtsverhandlung Salzburg
Am Landesgericht Salzburg hat sich am Montag ein 45-jähriger Mann wegen schwerer Körperverletzung verantworten müssen.

Der schon lange in Österreich lebende Serbe soll am 29. September 2023 am Salzach-Treppelweg bei Hallein-Rif mit einem gestohlenen Damen-Fahrrad frontal eine heute 33-jährige Fußgängerin gerammt und sie mit schwersten Verletzungen liegen gelassen haben. Er konnte nach langen Ermittlungen dank eines DNA-Treffers Monate nach dem Vorfall ausgeforscht werden.

Ein Passant hatte das Opfer damals bewusstlos am Weg neben der Salzach gefunden und die Einsatzkräfte verständigt. Die Frau erlitt ein offenes Schädel-Hirn-Trauma sowie weitere Brüche an den Händen und im Gesicht. Sie musste notoperiert werden und überlebte nur knapp. Der Fall stellte die Ermittler lange vor ein Rätsel: Als das Opfer auf der Intensivstation erwachte, konnte es sich nicht an den Zusammenstoß erinnern. Augenzeugen gab es keine, der Frau war auch nichts gestohlen worden. Es lag auch kein Missbrauchsdelikt vor.

Die Polizei wollte zunächst nicht ausschließen, dass die Frau gezielt angegriffen worden sein könnte. Die Ermittler forschten Zeugen aus und vernahmen sie, sprachen mit Familie und Freunden, die Staatsanwaltschaft gab mehrere Gutachten in Auftrag. Im Februar 2024 wurde der Fall auch in der Sendung "Fahndung Österreich" auf ServusTV präsentiert. Die wichtigste Spur war zunächst aber ein Ohrenzeuge. Das Opfer hatte zum Zeitpunkt der Kollision gerade mit einem Bekannten telefoniert.

"Er hat das Telefon herunterfallen gehört, dann war es für wenige Sekunden still. Dann hat er die Frau kurz schreien gehört - und dann ist es wieder ruhig geworden. Nach zwei bis drei weiteren Minuten waren die ersten Helfer am Unfallort zu hören", schilderte Richterin Anna-Sophia Hofer heute. Ein Gutachten zum Verletzungsbild schloss einen Sturz oder eine "Einwirkung mit einem Schlagwerkzeug" aus und ging vielmehr von einer "einmaligen Einbringung erheblicher kinetischer Energie" aus. Sprich: Die Sachverständigen hielten einen Zusammenstoß etwa mit einem Fahrrad, Roller oder Auto für wahrscheinlich. Auf der Uhr der Frau fanden sich Lackspuren, laut einem Kfz-Gutachten soll der Aufprall mit mindestens 30 km/h erfolgt sein. Nicht zuletzt gelang es Ermittlern, auf dem Pullover der Frau eine zunächst unbekannte DNA-Spur sicherzustellen.

Ende Februar wurde der Angeklagte - der vierfache Vater ist geschieden und verfügt seit 2019 über keinen festen Wohnsitz mehr - nach einer Reihe von Diebstählen und anderen Delikten im Raum Hallein festgenommen und erkennungsdienstlich erfasst. Einen Tag vor der Abschiebung in seine Heimat gab es dann einen DNA-Treffer in der Datenbank. Der Verdächtige - er sitzt seitdem in U-Haft - war vor der Polizei und vor der Haftrichterin zunächst weitgehend geständig. Bei der Vernehmung gab er an, die Spaziergängerin aufgrund von Problemen mit der Fahrradkette übersehen zu haben. Er habe zwar einen Schrei gehört, sei aber von der Unfallstelle geflüchtet.

Zuletzt brachte er aber einen ganz anderen Tathergang ins Spiel, an dem er heute vor Gericht tränenreich festhielt. Schuldig sei ein Bekannter aus der Obdachlosen-Szene. Dieser, mehr als seinen Spitznamen "Ricky" kenne er nicht, soll der Frau im Vorbeigehen zunächst mit der Faust auf den Hinterkopf und dann mit einem Brecheisen mehrfach ins Gesicht geschlagen haben. "Ich wollte ihn wegdrücken und stoppen, da hat er auch mich geschlagen. Es war furchtbar, er hat nicht aufgehört". Und: "Ich habe diese Frau nicht mit dem Fahrrad niedergefahren. Sicher nicht", versicherte er der Richterin.

Warum er dann der Polizei erzählt hat, dass er es war? "Ricky hat mich bedroht. Er hat gesagt, meine kleine Tochter wird das gleiche Schicksal erleiden, wenn ich erzähle, wie es wirklich war." Freilich: Die Erkenntnisse der Gutachter widersprechen der Geschichte des Serben aber weitgehend. "Auch der Ohrenzeuge hat nichts von dem gehört, was sie geschildert haben", sagte die Richterin. "Kein 'Hör auf', kein 'Was soll das?', keine stumpfen Schläge mit einem Brecheisen."

Laut ihrem Opferanwalt leidet die Frau physisch wie psychisch massiv an den Folgen des Vorfalls. Er forderte für die 33-Jährige 30.000 Euro Schmerzensgeld und 10.000 Euro Verunstaltungsentschädigung wegen einer Narbe am Kopf. Die junge Frau sagte dann überraschend noch selbst vor Gericht aus. Sie sei fünf Monate lang im Krankenstand gewesen und absolviere seit kurzem eine Art Wiedereingliederung in den Beruf. Und: Drei Metallklammern würden wohl für immer im Kopf bleiben.

Dem Serben drohen bei einer Verurteilung bis zu fünf Jahre Haft. Dem Mann wurden am Montag auch eine Reihe weiterer Straftaten angelastet, unter anderem Ladendiebstähle, ein Einbruch in einen Würstelstand oder das Anbringen einer Kamera im Spülkasten einer öffentlichen Toilette.

Das Verfahren wurde am Nachmittag vertagt.

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