"Dieses Buch verfolgt zwei Ziele", beschreibt die heute in Frankreich lebende 53-Jährige das von ihrem Verlag Iconoclaste betriebene Projekt in ihrem Vorwort. "Zum einen versucht es zu erklären, was im Iran passiert. Es versucht, die komplexen Ereignisse und ihre Nuancen für eine nicht iranische Leser:innenschaft zu entschlüsseln und so verständlich wie möglich darzustellen. (....) Zum anderen soll dieses Buch ein Zeichen für die Iraner:innen sein; es soll sie daran erinnern, dass sie nicht allein sind."
Beides gelingt dem Buch in vorbildlicher Weise. Einerseits zeigt das Nebeneinander von fünf im Iran geborenen Illustratoren (Shabnam Adiban, Bahareh Akrami, Rahi Rezvani sowie die Brüder Mana und Touka Neyestani) mit Zeichnern aus Frankreich und Spanien die Universalität des Themas, andererseits werden die Ereignisse rund um den Tod der iranischen Studentin Mahsa Amini, die drei Tage nach der Verhaftung durch die Sittenpolizei in Teheran starb, tatsächlich aus vielen Perspektiven und in vielen unterschiedlichen Zeichenstilen dargestellt.
Es geht um die Demonstrationen, den titelgebenden Slogan, die "Hymne der Revolte", den aus Protest-Tweets zusammengestellten Song "Baraye", das berüchtigte Evon-Gefängnis und die Gasvergiftungen von iranischen Schülerinnen, aber auch um die allgegenwärtige Überwachung, die Zensur, die Revolutionswächter und reicht bis zum geheimen Alltag unter der islamischen Diktatur, den Debatten in der iranischen Diaspora und den Ikonen des Widerstandes. Das macht den Comic-Band, in dem sogar die Diskussionen des Herausgeberteams in Zeichnungen übersetzt werden, zu einem informativen politischen Sachbuch.
(S E R V I C E - Marjane Satrapi (Hg.): "Frau, Leben, Freiheit", übersetzt von Hainer Kober, Regina Keil-Sagawe, Sarah Pasquay. Rowohlt Verlag, 272 Seiten, 35 Euro, ISBN: 978-3-498-00557-3)