APA - Austria Presse Agentur

Für die Buchmacher ist diese Fußball-EM ideal

Nicht nur Fußballfans fiebern der am Freitag beginnenden Europameisterschaft entgegen, auch die Vorfreude der Buchmacher hat bald ihren Höhepunkt erreicht. Die Erwartungen sind hoch, die Sportwetten-Anbieter rechnen mit einem Zusatzgeschäft im Ausmaß eines 13. Monatsumsatzes. "Bei so einem Großereignis ist das Wettaufkommen deutlich höher als sonst, das ist unser Weihnachtsgeschäft", sagte der Geschäftsführer des Anbieters Tipp3, Philip Newald, im Gespräch mit der APA.

Entsprechend intensiv bemüht man sich im Vorfeld der EURO darum, das Wettpublikum in Stimmung zu bringen. "Ein Drittel unseres Kommunikationsbudgets für dieses Jahr fließt jetzt im Zeitraum von Anfang Juni bis Mitte Juli in die Europameisterschaft", sagte Newald.

Der Sportwetten-Anbeiter tipp3 gehört zu 56 Prozent den Österreichischen Lotterien und damit zum teilstaatlichen Casinos-Austria-Konzern, dem auch die lukrative Online-Plattform win2day gehört. 26 Prozent hält die Mediaprint Zeitungs- und Zeitschriftenverlag Ges.m.b.H. & Co KG, 18 Prozent die Bundesländerverlage Beteiligungsges.m.b.H. Tipp3 hat in allen neun Bundesländern Konzessionen für die Durchführung von Sportwetten, die in Österreich nicht unter das Glücksspielmonopol fallen. Sportwetten sind in Österreich Ländersache, während Glücksspiele Angelegenheit des Bundes sind. Das Fußball-Toto gilt als Glücksspiel und gehört zu den Lotterien. Die wichtigste Vertriebsschiene von Tipp3 sind mehr als 3.000 Trafiken, außerdem gibt es eine Handy-App und online kann man via tipp3.at Wetten abgeben.

"75 Prozent unserer Kundinnen und Kunden wetten, um sich ein Ereignis spannender zu machen", sagte Newald. "Man sieht sich ein Spiel im Fernsehen an und wettet im Schnitt 8 Euro." Zwar seien Sportwetten noch zu 80 Prozent männerdominiert, doch gerade bei Großereignissen wie der EM gebe es einen wachsenden Anteil von Frauen. "Früher gab es bei solchen Großereignissen Public Viewings, diesmal werden es aufgrund der Pandemie eher die kleinen, feinen, lustigen Grillrunden sein, mit zehn, zwölf oder fünfzehn Leuten."

Wetten könne man im Vorfeld der EM bei Tipp3 seit acht Wochen, richtig angesprungen sei das Geschäft aber erst mit dem Spiel Österreich gegen England vor einer Woche. Für die Sportwetten-Anbieter sei diese Fußball-EM perfekt, sagte Newald, auch weil Österreich dabei sei. "Die Beginnzeiten sind für die Buchmacher ideal, weil die Spiele alle am Abend stattfinden, während bei Weltmeisterschaften durch die Zeitverschiebung ein Spiel irgendwann stattfindet." Gut fürs Geschäft wäre es, wenn Österreich weit kommt. "Ich glaube, dass Österreich das Viertelfinale erreichen kann, dann entsteht ein Hype um das Nationalteam."

Günstig für die Buchmacher wäre auch, wenn prominente Mannschaften wie Deutschland, Frankreich oder Spanien weit kommen und es zu Schlagerspielen ab dem Viertelfinale kommt. Er selbst habe auf den Favoriten Frankreich gewettet, so Newald, "weil die Mannschaft überzeugend stark ist". Die Quote für einen Europameister Frankreich betrage derzeit 5,5. Spanien liegt mit einer Quote von 8,0 fast auf Augenhöhe mit Frankreich. Wer Österreich richtig als Europameister errät, gewinnt das Hundertfache seines Wetteinsatzes.

Branchenkenner Andreas Kreutzer, Chef und Eigentümer des Marktanalyseanbieters Branchenradar, rechnet für heuer wegen der Fußball-EM mit einem Anstieg der Bruttowetterträge (Einsätze abzüglich der Gewinnausschüttungen) um mindestens 13 Prozent auf 320 Mio. Euro, "wobei das Plus mehr oder weniger zur Gänze bei den Online-Wetten sein wird, die um 20 Prozent auf 220 Mio. Euro zulegen werden. Die landbasierten Wetten werden so bei 100 Millionen stagnieren." Seit 2018 hätten die Online-Wetten um 70 Prozent zugenommen, während die landbasierten, also in Spiellokalen, um 46 Prozent geschrumpft seien. "Das ist insofern relevant, weil im Grunde genommen nur die landbasierten Wetten gesetzlich geregelt sind."

Fußball sei für Sportwetten mit Abstand die wichtigste Sportart, erklärte Kreutzer. "Fast 70 Prozent aller Sportwetten werden auf Fußball platziert", erklärte Kreutzer im Gespräch mit der APA.

2020 seien die Bruttowetterträge gegenüber 2019 um 13 Prozent auf 283 Mio. Euro geschrumpft, berichtete Kreutzer, wobei der Rückgang aber nur die Sportwetten-Lokale betroffen habe, wie sie etwa vom Branchenführer Admiral Sportwetten oder Cashpoint betrieben werden. "Da lag das Minus bei 36 Prozent auf etwa 100 Mio. Euro." Die Online-Wetten seien hingegen um 7,5 Prozent auf 183 Mio. Euro gewachsen.

Die Ausschüttungsquote betrage bei Sportwetten im Durchschnitt 84 Prozent, sagte Kreutzer. Das sei deutlich weniger als etwa im Casino beim Roulette, wo 95,5 Prozent der Einsätze wieder von den Spielern zurückgewonnen würden. Beim Lotto betrage die Gewinnausschüttung gar nur 50 Prozent, hier sei auch die Steuerlast am höchsten. "Das ist eine Art Umverteilung von Vermögen." Allerdings seien beim Lotto auch die möglichen Gewinne viel höher als bei Unterhaltungsglücksspielen wie im Casino. "Dass jemand mit 50.000 Euro aus dem Casino rausgeht, ist äußerst selten."

Während bei Glücksspielen die Besteuerung auf Basis der Bruttospielerträge erfolgt und zwischen 25 und 50 Prozent beträgt, werden Sportwetten auf Basis der Wetteinsätze besteuert, der Steuersatz beträgt aber nur 2 Prozent.

Der mit Abstand größte Anbieter von Sportwetten in Österreich ist Admiral Sportwetten, vor Cashpoint und den Casinos (Tipp3). Weitere große Player sind bwin, bet-at-home, Tipico oder Interwetten. "Die Top 10 machen 90 Prozent des Gesamtmarktes aus", so Kreutzer. Die meisten Sportwetten-Anbieter haben ihre Basis im Ausland.