APA - Austria Presse Agentur

G20-Treffen im Schatten der russischen Invasion

Zum Auftakt des mit Spannung erwarteten Treffens der Außenminister der G20-Staaten hat Gastgeberin Retno Marsudi eindringlich zu einem Ende des russischen Angriffskrieges in der Ukraine aufgerufen. "Unsere Verantwortung ist es, den Krieg so schnell wie möglich zu beenden. Und Brücken zu bauen und nicht Mauern", sagte die indonesische Außenministerin. Der weltgrößte Inselstaat hat derzeit den Vorsitz des Staatenbundes.

Kurz zuvor hatte Marsudi den russischen Außenminister Sergej Lawrow bei seiner Ankunft im Luxushotel Mulia im Badeort Nusa Dua höflich aber zurückhaltend begrüßt. Der Handschlag etwa mit der deutschen Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und ihrem Amtskollegen aus den USA, Anthony Blinken, fiel deutlich herzlicher aus. Mit Spannung wird erwartet, wie gerade westliche Teilnehmer auf Lawrows Wortmeldungen reagieren werden. Im Saal saß der Russe zwischen Vertretern aus Saudi-Arabien und Mexiko.

Bei der Begrüßung hatten zwei deutsche Journalisten Lawrow Fragen zugerufen. Der ZDF-Korrespondent Andreas Kynast fragte Lawrow: "When do you stop the war?" (deutsch: "Wann beenden Sie den Krieg?"). Kynast wurde im Anschluss nach eigenen Angaben von indonesischen Sicherheitsbeamten aus der Empfangshalle hinausgebracht. Weitere Einschränkungen für ihn gab es demnach zunächst nicht. Ein zweiter deutscher Journalist rief Lawrow die Frage zu: "Why don't you stop the war?" (deutsch: "Warum beenden Sie den Krieg nicht?").

Indonesien, das derzeit den G20-Vorsitz hat, hatte nach einer Reise von Präsident Joko Widodo nach Moskau und Kiew Ende Juni angeboten, zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln. Alle Augen sind nun darauf gerichtet, ob es bei dem Treffen auf Bali zu einem Dialog oder einer weiteren Eskalation kommt. Lawrows Anwesenheit gilt auch als Test für eine mögliche Teilnahme von Kremlchef Wladimir Putin am Mitte November anstehenden G20-Gipfel, der ebenfalls auf Bali stattfindet. Mehrere Staaten haben ihre Teilnahme infrage gestellt, sollte er persönlich erscheinen.

Die Staatengruppe müsse diese Chance nutzen, um Vertrauen aufzubauen und "dem Frieden eine Chance zu geben", erklärte Marsudi bei ihrer Eröffnungsrede. Sie rief eindringlich zum Multilateralismus auf, also zur Zusammenarbeit der Staaten bei der Lösung der derzeitigen politischen und gesellschaftlichen Probleme. "Globale Herausforderungen bedürfen globaler Lösungen", erklärte sie.

Bei den Sitzungen soll es neben einer Diskussion über eine Stärkung der multilateralen internationalen Konfliktlösung auch um die weltweite Ernährungs- und Energiesicherheit gehen. Jedoch wird erwartet, dass der Krieg einen großen Teil der Beratungen bestimmt.

Baerbock hatte kurz nach ihrem Eintreffen auf Bali am Donnerstagabend gesagt, sie werde in ihrer Rede in Anwesenheit Lawrows "sehr deutliche Worte finden, dass wir diesen Bruch des internationalen Völkerrechts nicht akzeptieren". Das sonst übliche Familienfoto und eine offizielle Abschlusserklärung soll es wegen Lawrows Anwesenheit am Abend voraussichtlich nicht geben. Jedoch will die indonesische G20-Präsidentschaft am Ende der Beratungen eine Erklärung abgeben.