APA - Austria Presse Agentur

"Ganymed": Theatrales Doppelspiel der Museumszwillinge

Es gehört beinahe schon zum Wiener Kulturleben wie das Neujahrskonzert oder der Opernball: Das Stationentheaterprojekt "Ganymed", das bereits sieben Mal im Kunsthistorischen Museum (KHM) performative und bildende Kunst zusammengebracht hat. Bei Ausgabe Nr. 8 schlägt man nun eine Brücke hinüber zum Naturhistorischen Museum (NHM). So dienen diesmal nicht nur KHM-Gemälde, sondern auch NHM-Exponate als Inspiration für kurze Szenen. Am Freitag feierte "Ganymed Bridge" Premiere.

Dafür haben die beiden "Ganymed"-Macher Jacqueline Kornmüller und Peter Wolf wieder 30 Autorinnen und Autoren, Komponierende sowie Performende zusammengebracht, die sich mit einzelnen Kunstwerken oder Museumsstücken auseinandersetzen. Manche betreiben detaillierte Bildexegese, manche nehmen kaum mehr als den Titel oder ein Motiv als Ausgangspunkt für eine philosophische oder sinnliche Reise.

So lässt Teresa Präauer Grischka Voss als modebewusstes Einhorn über Alessandro Bonvicinos "Hl. Justina" reflektieren, während Raphael von Bargen als Jesus in Amélie Nothombs Text Tizians "Ecce Homo" entsprungen ist und sich Gedanken über seinen Schauprozess macht respektive die Vor- und Nachteile, Wasser in Wein verwandeln zu können.

Milena Michiko Flašar lässt - ausgehend von Jan Fyts "Fürchte und Geflügel mit Jagdhund" - Mara Romei an der Leine eine canide Dystopie entwerfen. Und während András Dés das Grundprinzip Gorilla als Körperpercussionist abstrahiert, umkleidet Experimentalcellist Lukas Lauermann im Halbdunkel den gigantischen Mondfisch mit Mystischem und verleiht das Ensemble Federspiel als "Ganymed"-Stammgast den Dinosauriern im NHM seine Stimme.

Verbindendes Element sind und bleiben auch in der neuen trauten Eintracht von KHM und NHM die Goldschuhe der Performer als Signet des Projekts. Und auch die Tradition, dass der Ganymed-Gast manches nicht findet, das er sucht und anderes entdeckt, nachdem er nicht gesucht hat, bleibt erhalten - zumal sich im eng möblierten NHM weit weniger Spielfläche als im luftigen KHM bietet.

Alles in allem ist die Idee des Brückenschlags gelungen, auch wenn das Konzept noch ausbaufähig wäre, stellt doch eine kleine Alphornperformance am Maria-Theresien-Platz die einzig wirkliche Verbindung zwischen den Bauten dar. Eine echte Brücke aus Performances, die das Geschehen auch in den Freiraum erweitert, fehlt. Aber Ganymed Nr. 9 lässt ja vermutlich nicht lange auf sich warten...

(S E R V I C E - "Ganymed Bridge" im Kunsthistorischen und Naturhistorischen Museum, Maria Theresien-Platz, 1010 Wien. Weitere Aufführungen am 13., 19. und 26. Mai, am 3., 9., 17., 23. und 30. Juni, am 1. und 7. Juli, am 19. und 25. August, am 2., 8., 16., 22. und 30. September sowie am 6. und 14. Oktober. www.ganymedbridge.at)