Kurz vor der drohenden Bodenoffensive Israels gegen die islamistischen Hamas-Angreifer im Gazastreifen kommt in das Ringen um dringend nötige Hilfe für die Bevölkerung Bewegung. 

APA - Austria Presse Agentur

Gaza-Hilfe soll vor Bodenoffensive Israels anlaufen

Kurz vor der drohenden Bodenoffensive Israels gegen die islamistischen Hamas-Angreifer im Gazastreifen kommt in das Ringen um dringend nötige Hilfe für die Bevölkerung Bewegung.

Die in Ägypten am Grenzübergang Rafah lagernden Hilfsgüter sollen nach israelischen Angaben spätestens am Samstag im Gazastreifen ankommen. Israel kündigte eine baldige Bodenoffensive an. US-Präsident Joe Biden will beim Kongress ein Hilfspaket mit "beispielloser Hilfe für Israel" beantragen.

Israels Verteidigungsminister Joav Galant hat den an der Grenze zum Gazastreifen zusammengezogenen Bodentruppen mitgeteilt, dass sie den palästinensischen Küstenstreifen bald "von innen" sehen würden. "Ihr seht Gaza jetzt aus der Ferne, bald werdet ihr es von innen sehen. Der Befehl wird kommen", sagte er laut einer Erklärung seines Büros.

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"Wir werden dafür sorgen, dass andere feindliche Akteure in der Region wissen, dass Israel stärker ist als je zuvor, und verhindern, dass sich dieser Konflikt ausweitet", sagte Biden am Donnerstagabend (Ortszeit) in einer Rede an die Nation. Israel und die Palästinenser verdienten es gleichermaßen, in Sicherheit, Würde und Frieden zu leben. "Wir dürfen den Frieden nicht aufgeben. Wir dürfen eine Zweistaatenlösung nicht aufgeben", sagte Biden. Von Frieden können die Menschen in der Region jedoch derzeit nicht einmal träumen.

Experten warnen vor einem blutigen Häuserkampf, sollte Israel wie erwartet Bodentruppen in den dicht besiedelten Gazastreifen am Mittelmeer schicken. Israel will nach den verheerenden Terroranschlägen der Hamas die militärischen Fähigkeiten sowie die Herrschaft der islamistischen Organisation ausschalten. Mehr als 1.400 Menschen sind in Israel den Hamas-Angriffen zum Opfer gefallen und mehr als 200 Menschen von ihr in den Gazastreifen entführt worden. Darunter sollen israelischen Medienberichten zufolge auch knapp 30 Kinder und Jugendliche sein. 100 bis 200 Menschen würden vermisst.

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Seither greift Israels Luftwaffe Ziele im Gazastreifen an. Dabei starben seit dem 7. Oktober nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums im Gazastreifen 3.785 Menschen. In der Nacht zum Freitag wurde laut der israelischen Armee ein weiteres an den Terrorattacken beteiligtes Hamas-Mitglied getötet. Militante Palästinenser im Gazastreifen feuerten wiederum am späten Donnerstagabend erneut Raketen auf Tel Aviv und Israels Zentrum.

Nach UN-Angaben sind in den vergangenen Tagen rund eine Million Bewohner des nördlichen Gazastreifens in den südlichen Teil geflohen. Israels Armee, die dazu aufgerufen hatte, um zivile Opfer bei einer Ausweitung der Kämpfe zu vermeiden, sprach von rund 600.000 Menschen. Im Süden liegt an der Grenze zu Ägypten der Übergang Rafah. Auf ägyptischer Seite stauen sich Dutzende von Lastwagen mit humanitären Versorgungsgütern.

Die ersten Lieferungen würden "morgen, spätestens übermorgen" in Gaza eintreffen, sagte der israelische Armeesprecher Arye Sharuz Shalicar am Donnerstagabend in der Sendung "RTL Direkt". Der staatsnahe ägyptische TV-Sender Al Kahera News hatte zuvor berichtet, dass der Grenzübergang am Freitag für Hilfslieferungen in das abgeriegelte Palästinensergebiet geöffnet wird. Der Rafah-Grenzübergang ist der einzige nicht von Israel kontrollierte Zugang zum Gazastreifen. Ägypten hatte zuvor einen "dauerhaften" Zugang für Hilfslieferungen angekündigt.

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"Wir brauchen schnellen, ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe. Wir brauchen sofort Nahrungsmittel, Wasser, Medikamente und Treibstoff", schrieb UN-Generalsekretär António Guterres in der Nacht zum Freitag auf der Plattform X (vormals Twitter). Er ist in Ägypten, um mit der Regierung über die Öffnung des Grenzübergangs zu sprechen.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) warf den USA und ihren Verbündeten mangelnde Kritik am Vorgehen Israels im Gazastreifen vor. Tom Porteous, stellvertretender HRW-Programmdirektor, fragte am Donnerstag, wo "die klare Verurteilung der grausamen Verschärfung der seit 16 Jahren bestehenden Abriegelung des Gazastreifens" bleibe. Diese komme "einer kollektiven Bestrafung, einem Kriegsverbrechen", gleich.

Unterdessen griff das israelische Militär auch in der Nacht zu Freitag Stellungen der pro-iranischen Hisbollah im Libanon sowie mutmaßliche Terroristen an. Als Reaktion auf Beschuss der schiitschen Miliz am Mittwoch habe die Armee unter anderem Beobachtungsposten der Hisbollah attackiert, teilte das Militär mit. Zudem habe ein Kampfjet drei Menschen getroffen, die versucht hätten, Raketen in Richtung Israel abzufeuern. Unklar war, ob es dabei Verletzte oder Tote gab.

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Seit den Terrorattacken der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel und Israels Gegenschlägen auf den Gazastreifen kam es in den vergangenen Tagen regelmäßig zu Zwischenfällen an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon. International gibt es die Befürchtung, die Hisbollah könnte verstärkt in den Gaza-Konflikt eingreifen und Israel eine zweite, nördliche Front aufzwingen. Die Hisbollah unterhält enge Verbindungen zur Hamas im Gazastreifen.

Wegen der aktuellen Lage in Nahost haben Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) für Freitag (8.00 Uhr) das Krisenkabinett der Bundesregierung einberufen. Themen sind die aktuelle Lage, der Terrorangriff der Hamas auf Israel und die daraus resultierenden Folgen - sowie die Sicherheitslage in Österreich, gab die Regierung gegenüber der APA bekannt. Die Chefs der Nachrichtendienste werden die Bundesregierung im Lagezentrum des Verteidigungsministerium über das aktuelle Lagebild informieren.