Nach Hisbollah-Angriff: Fokus auf Gaza-Waffenruhe

Die Waffen sollen schweigen
Nach den heftigen Angriffen zwischen der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah und der israelischen Armee rücken die Bemühungen um eine Waffenruhe in den Fokus.

Intensive Vermittlungsgespräche in Kairo haben zwar bisher keinen Durchbruch erzielt. Laut US-Regierung setzen aber Arbeitsgruppen in den kommenden Tagen in der ägyptischen Hauptstadt die Gespräche über offene Detailfragen fort.

Die Aussichten auf einen schnellen Erfolg gelten aber als gering. Die mit dem Iran verbündete Hisbollah-Miliz hatte am Sonntagmorgen aus dem Libanon zahlreiche Raketen und Drohnen auf israelische Ziele gelenkt. Israels Armee hatte aber nach eigenen Angaben "die unmittelbare Gefahr" für seine Bürger erkannt und im Voraus begonnen, mit 100 Kampfflugzeugen Ziele im Südlibanon zu attackieren.

Die Armee teilte mit, 90 Prozent der von der Hisbollah abgefeuerten Raketen seien von zivilen Gebieten und Einrichtungen aus abgeschossen worden. Es seien rund 230 Geschosse und 20 Drohnen auf israelisches Gebiet gelangt. Auch am Montag kam es erneut zu gegenseitigen Angriffen Israels und der Hisbollah. Eine befürchtete, größere Eskalation blieb jedoch aus. Seit Beginn des Gazakriegs vor fast elf Monaten feuern die Konfliktparteien fast täglich aufeinander. Dabei wurden sowohl in Israel als auch im Libanon Zivilisten getötet, Zehntausende sind wegen der Kämpfe aus dem Grenzgebiet geflohen.

Irans Außenminister Abbas Araghchi und sein katarischer Kollege Mohammed bin Abdulrahman Al Thani forderten eine Waffenruhe im Gazastreifen. Die Islamische Republik begrüße die katarischen Vermittlungen, sagte der iranische Chefdiplomat laut Staatsagentur IRNA. Der islamistischen Hamas sicherte er Rückendeckung zu.

Ägypten, Katar sowie die USA vermitteln zwischen Israel und der Hamas, weil beide Seiten nicht direkt miteinander verhandeln. Einer der größten Streitpunkte ist Israels Forderung, die südliche Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten dauerhaft zu kontrollieren, um Waffenschmuggel zu verhindern. Die islamistische Terrororganisation Hamas fordert dagegen einen vollständigen Abzug der israelischen Armee aus dem Gazastreifen.

Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, sagte, das US-Team vor Ort stufe die Gespräche weiter als konstruktiv ein. Kirby widersprach ausdrücklich der Darstellung, dass die Gespräche gescheitert seien.

Im Gegenteil: Die Gespräche seien "so weit gediehen, dass der nächste logische Schritt darin bestand, Arbeitsgruppen auf niedrigeren Ebenen einzusetzen", um Feinheiten auszuarbeiten. Dabei gehe es unter anderem um die Freilassung der Geiseln in der Gewalt der Hamas und die Freilassung palästinensischer Häftlinge durch Israel. Aus ägyptischen Sicherheitskreisen hatte es geheißen, bei den Gesprächen in Kairo habe es eine "schwierige Pattsituation" gegeben.

Der Besuch des katarischen Premier- und Außenministers ist der erste hochrangige Empfang durch die neue Regierung in Teheran. Nach der jüngsten Tötung des Auslandschefs der Hamas, Ismail Hanija, in der iranischen Hauptstadt hatte die Staatsführung Israel mit Vergeltung gedroht. Seitdem haben sich die Sorgen vor einer Ausweitung des Konflikts auf weitere Länder in Nahost verstärkt.

Irans Generalstabschef Mohammed Bagheri sagte, sein Land werde selbst entscheiden, wann es Rache nehme. "Dieses Ereignis darf nicht in Vergessenheit geraten, und die Rache (...) ist gewiss", sagte er.

Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas kam unterdessen zu einem zweitägigen Besuch in Saudi-Arabien an. Er wollte dort mit dem Kronprinzen und faktischen Herrscher, Mohammed bin Salman, zusammentreffen. Inhalt der Gespräche sollten ebenfalls die Bemühungen um eine Gaza-Waffenruhe sein.

Kämpfe und israelische Angriffe im Gazastreifen dauern unterdessen weiter an. Nach einer neuen Evakuierungsaufforderung der israelischen Armee haben zahlreiche Menschen ihre Unterkünfte in dem Ort Deir al-Balah im Zentrum des Gazastreifens verlassen. Die Aufforderung betraf nach Berichten aus Gaza auch das Al-Aqsa-Krankenhaus, eine der wenigen noch funktionierenden Gesundheitseinrichtungen in dem Küstenstreifen. Nach Angaben der Stadtverwaltung haben in den vergangenen Tagen rund 250.000 Menschen ihre Bleibe in Deir al-Balah wieder verlassen.

In einer der Aufforderungen der Armee hieß es, das Militär werde in Deir al-Balah "stark gegen die Hamas und gegen die Terrororganisationen in dem Gebiet vorgehen". Zivilisten sollten zu ihrer eigenen Sicherheit in Richtung Westen bewegen. Das betroffene Gebiet in Deir al-Balah sei eine "gefährliche Kampfzone".

Das Militär teilte mit, israelische Truppen hätten in Khan Younis im Süden des Gazastreifens sowie in den Außenbezirken von Deir al-Balah "Dutzende Terroristen ausgeschaltet und große Mengen an Waffen gefunden". Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Das UNO-Palästinenserhilfswerk UNRWA teilte mit, angesichts der fortwährenden Militäreinsätze in Deir al-Balah funktionierten dort nur noch drei von 18 Brunnen. Dadurch herrsche Wassermangel. "Die Menschen in Gaza leben nicht nur in ständiger Angst um ihr Leben, sondern müssen darum kämpfen, grundlegende Bedürfnisse zu erfüllen", hieß es in einem X-Post von UNRWA.

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