Gefährder dürfen vor Abschiebung ins Gefängnis

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg
Anders als gewöhnliche Abschiebehäftlinge dürfen die deutschen Behörden so genannte Gefährder nach Einschätzung des Generalanwalts am Europäischen Gerichtshof (EuGH) in normalen Haftanstalten unterbringen. Als "Gefährder" bezeichnet die Polizei im Bereich der politisch motivierten Kriminalität Menschen, denen sie schwere Gewalttaten bis hin zu Terroranschlägen zutraut.

Die Unterbringung in einer gewöhnlichen Haftanstalt sei möglich, allerdings ohne Kontakt zu verurteilten Gefangenen, schrieb Generalanwalt Priit Pikamäe in seiner am Donnerstag in Luxemburg veröffentlichten Stellungnahme. Die Meinung des Generalanwalts ist für die obersten Richter der EU nicht verbindlich, häufig richten sie sich aber nach seiner Empfehlung. Ein Urteil dürfte in einigen Monaten fallen.

Hintergrund des Rechtsstreits ist die Abschiebung eines Tunesiers aus Hessen im Mai 2018. Nach Einschätzung der hessischen Behörden war er ein radikaler Islamist, von dem eine besondere Gefahr ausging. Der Verfassungsschutz stufte ihn als Schlepper und Anwerber für die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) ein. Deshalb fiel der Beschluss für die Abschiebung und er wurde im August in Haft genommen.

Da er als besonders gefährlich galt, wurde er in einem Gefängnis in Frankfurt am Main untergebracht, wo er strenger gesichert war als in einer regulären Abschiebehafteinrichtung. Diese Möglichkeit sieht das deutsche Aufenthaltsgesetz vor für Menschen, von denen eine erhebliche Gefahr ausgeht. Sie müssen aber von Strafgefangenen getrennt werden. Der Betroffene wehrte sich juristisch.

Nach EU-Recht müssen Abschiebehäftlinge "in speziellen Hafteinrichtungen" untergebracht werden. Wenn es daran fehlt, ist auch eine Unterbringungen in normalen Gefängnissen erlaubt. Gleichwohl sei das deutsche Recht mit seiner Ausnahme für gefährliche Abschiebehäftlinge vereinbar mit EU-Recht, argumentierte der Gutachter. Denn die EU-Grundrechtecharta schütze unter anderem eben auch das Recht auf Leben und Unversehrtheit. Den Einzelfall muss am Ende der deutsche Bundesgerichtshof entscheiden, der den EuGH um Hilfe bei der Auslegung europäischen Rechts gebeten hat.

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