Gerstorfer will in Oberösterreich zweiten SPÖ-Regierungssitz

SPÖ-Oberösterreich-Landesparteichefin Gerstorfer
Statt einer Impfpflicht müsse die Impfung "zu den Menschen kommen", meint SPÖ-Landesparteichefin und Spitzenkandidatin für die Oberösterreich-Wahl, Birgit Gerstorfer.

Kostenpflichtige Corona-Tests würden bloß "die soziale Spreizung" unterstützen. Eine 2-G-Regel für Zeltfeste sei "sicher zu überlegen". Für die Landtagswahl am 26. September hat sich die 57-Jährige ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: einen zweiten Regierungssitz und zweitstärkste Kraft im Land, sagte sie im APA-Gespräch.

Statt Tests kostenpflichtig zu machen, um so den Druck zum Impfen zu erhöhen, glaubt Gerstorfer ebenso wie Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner, dass "die Kreativität, was die Impfangebote betrifft, noch nicht ausgeschöpft ist". Von Streetworkern höre die Soziallandesrätin, dass die Impfung unkomplizierter werden müsse. "Im Vorbeigehen würde es schon gemacht, meinen sie, aber das Aufwendige sich den Termin zu organisieren, ihn einzuhalten, dorthin zu kommen, das funktioniert nicht.

Man muss die Impfung zu den Menschen bringen und nicht mehr umgekehrt." Gleichzeitig hätten Streetworker ihr auch erklärt, dass sich deren Klientel, die "sich nicht einmal die Rezeptgebühren leisten kann", einfach nicht mehr testen lasse, wenn dafür gezahlt werden müsse. Kostenpflichtige Tests unterstützen somit nur "die soziale Spreizung", ist die 57-Jährige überzeugt.

In Oberösterreich keine Anlaufstelle für Informationen über Impfungen

Wenn es ums Impfen geht, ist die Landesparteichefin eine "wirkliche Verfechterin von 'mein Körper gehört mir'". Die Impfskepsis rühre auch zu einem Großteil daher, dass auf "politischer Ebene manches nicht richtig gemacht worden ist", richtet sie der Bundesregierung aus. Fragen wie "wer ist wann an der Reihe oder welcher Impfstoff ist der beste", hätten in der Bevölkerung auch nicht "zur allergrößten Vertrauensbildung beigetragen." In Oberösterreich gebe es noch immer "keine eigene Anlaufstelle, wo man sich permanent informieren kann."

Generell ist die genesene und geimpfte rote Landeschefin aber der Ansicht: "Wir haben mit den drei G, genesen, geimpft, getestet einen relativ hohen Sicherheitsfaktor. Das zeige sich etwa in den Pflegeheimen. Obwohl es unter den Beschäftigen "keine so riesen hohe Impfquote" gebe, sei das Infektionsgeschehen sehr gering, "weil wir dort ganz regelmäßig testen". Allerdings: "Dort, wo sehr viele Menschen auf sehr engem Raum zusammenkommen, wie etwa den Zeltfesten, kann man es sich sicher überlegen, ob nur zwei G zugelassen sind." Sie verstehe auch, dass der Ärger in der Nachtgastronomie wegen der unterschiedlichen Regelung "sehr groß ist".

In Oberösterreich werden bei der SPÖ in den kommenden Wochen die drei Wahlkampfthemen "Arbeit, Bildung und Pflege" dominieren. Mit 99 Prozent ist Gerstorfer zur Spitzenkandidatin gewählt worden, für sie auch ein Beweis dafür, "dass sie die Roten nach zwei herben Wahlniederlagen und den damit einhergehenden Abgängen an der Parteispitze wieder "in ruhigeres Fahrwasser" gebracht habe. Derzeit hält die SPÖ bei gut 18 Prozent. Auch wenn Meinungsforscher den Sozialdemokraten bisher kaum einen Stimmenzuwachs zusprechen, gibt sich die Spitzenkandidatin siegessicher: "In unseren Umfragen sind wir tatsächlich deutlich über 20 Prozent. Mit 20 Prozent haben wir den zweiten Regierungssitz sicher. Den erhält mit größter Sicherheit ein Mann, denn die Quote gilt natürlich auch für die Männer."

Ihr anderes Wahlziel, Nummer zwei im Land zu werden und damit die FPÖ zu überholen, sei da "sicher die größere Herausforderung". Denn das schon traditionelle Ausländerthema sei nach wie vor in der Bevölkerung virulent, "da muss man den Horrorszenarien der FPÖ entgegenhalten und die andere Seite betrachten. Ich denk nur an den schrecklichen Mordfall in Wien, der dramatisch genug ist mit den vier Afghanen. Zwei Wochen später ist eine 17-jährige Schwangere von ihrem 19-jährigen österreichischen Freund ermordet worden und das hat keine große Bedeutung in den Medien erlangt."

Doch die Pandemie habe ihr auch gezeigt, was die Menschen vorrangig beschäftige. Themen wie Arbeit, Arbeitsmarkt, Pflege und Bildung. "Mit diesen Themen werden wir sicher erfolgreich die Menschen überzeugen, dass Sozialdemokratie wieder in ist. Denn eines hat uns über diese Pandemie gerettet: Unser Sozialstaat, da können wir uns auch als Sozialdemokratie rühmen", strich Gerstorfer hervor.

Und noch einen Erfolg heftet sie sich an das rote Revers: Der nachgebesserte Verkauf des MAN Werks in Steyr. Denn hätten die "sozialdemokratischen Gewerkschafter dazu nicht eine innerbetriebliche demokratische Abstimmung zur Übernahme durch Siegfried Wolf gemacht, und sich die Belegschaft dagegen entschieden, dann wäre das Verbessern des Angebots, die Rettung von mehr Arbeitsplätzen nicht gekommen. Das ist sicher ein sozialdemokratisches Ergebnis und kein anderes."

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