APA - Austria Presse Agentur

Gesundheitsminister kritisiert Macht der Ärztekammer

Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) nimmt weiter die Ärztekammer aufs Korn. Nachdem er sich zuletzt am Vetorecht der Standesvertretung gegen Primärversorgungseinheiten (PVE) gestoßen hatte, attestierte er der Kammer am Freitag im Ö1-Interview, generell über zu viel Macht zu verfügen. Kritik kam auch von der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK). Arbeitnehmer-Obmann Andreas Huss wartete mit einer ganzen Liste an Verhinderungsbeispielen durch die Ärztekammer auf.

"Die Ärztekammer ist ein im wahrsten Sinne des Wortes gewichtiger Vertreter der Interessen, nämlich der Interessen der Ärzteschaft", sagte Rauch: "Da geht es sehr viel um bewahren und nicht so sehr um eine zukunftsfähige Gestaltung." Angesprochen auf den Vorstoß des burgenländischen Landeshauptmanns Hans Peter Doskozil (SPÖ), der die Kompetenz der Kammer für den ärztlichen Not- und Bereitschaftsdienst infrage gestellt hatte, hoffte der Minister zwar noch auf Reformbereitschaft. Allerdings: "Wenn es dann nicht funktioniert und keinerlei Bereitschaft besteht, zu Reformen zu kommen, dann wird man sich überlegen müssen, wie bringt man einzelne Vertragspartner dazu, diesen Dinge auch nachzukommen."

Generell gehe es ihm darum, Sozialversicherung, Bundesländer Bund, Finanzministerium, Ärztekammer und auch andere Interessensvertretungen gemeinsam dazu zu bekommen, die Situation von Patientinnen und Patienten zu verbessern, so Rauch: "In meinen Augen muss einfach langfristig sichergestellt sein, dass es für alle Menschen in Österreich einen gleichberechtigten, guten Zugang zum Gesundheitssystem gibt."

Er appellierte dafür, die Zeit der für heuer anberaumten Finanzausgleichsverhandlungen zu nutzen, um notwendige Reformen gemeinsam zustande zu bringen. "Wenn wir da scheitern, dann bleibt für fünf Jahre alles wie es ist", sagte der Minister: "Und ich meine, es kann nicht fünf Jahre alles bleiben, wie es ist, weil dann wird es am Ende noch teurer werden, noch ineffizienter werden und die Probleme werden sich verschärfen. Und dass wir Probleme haben im Gesundheitssystem, das ist evident."

Kassenobmann Huss führte in einer Aussendung Negativbeispiele aus der Zusammenarbeit mit der Ärztekammer an. So verhindere die Standesvertretung den Ausbau der kindermedizinischen Ambulatorien in Wien, obwohl es Errichtungsbewilligungen gebe, und wehre sich gegen alternative Versorgungsformen wie Ambulatorien oder Kooperationen mit Krankenhäusern, auch wenn dortige Kassenstellen längere Zeit nicht besetzt werden könnten.

"Die Ärztekammer nutzt hier ihre Vetorechte, um eine Angebots- und Nachfrage-Schieflage zu erzeugen und diese zu ihrem Vorteil zu nutzen", kritisierte Huss: "Hohe Nachfrage und niedriges Angebot führt zu höheren Honoraren, so die Strategie. Das erschwert es uns, die gute Versorgung für alle aufrecht zu erhalten." Natürlich könne sich Kammer ausschließlich auf die Vertretung der Interessen der Ärzte zurückziehen und jegliche Versorgungsverantwortung von sich weisen: "Dann aber bitte ohne irgendwelche Vetorechte."