APA - Austria Presse Agentur

Goiginger mit Austropop-Hommage: "Liebe den Wiener Schmäh"

Adrian Goiginger ist in der Jetztzeit angekommen. Der 31-jährige Regieshootingstar filmt nach dem Sensationsdebüt mit der autobiografischen Geschichte "Die beste aller Welten", der Mitterer-Verfilmung "Märzengrund" und der im Jänner 2023 unter dem Titel "Der Fuchs" ins Kino kommenden Geschichte seines Urgroßvaters derzeit mit "Rickerl" einen ganz aktuellen Stoff. Die Titelrolle des erfolglosen Musikers mit kleinem Sohn hat Austropopper Voodoo Jürgens übernommen.

Sein Erich "Rickerl" Bohacek arbeitet schon seit Jahren erfolglos an seinem ersten Album und zieht stattdessen lieber mit seiner Gitarre durch Wiens Beisln. Auch fällt es ihm schwer, eine Beziehung zu seinem sechsjährigen Sohn Dominik (Ben Winkler) aufzubauen, der bei seiner Ex-Freundin lebt. Doch als die Gefahr besteht, dass Rickerl seinen Sohn endgültig verliert, sieht er ein, dass er sein Leben ändern muss.

Die APA sprach beim Dreh mit Adrian Goiginger über seine Liebe zum Mundl, den Vorteil von Komödien und die Frage, ob er selbst lustig ist.

APA: Ihre ersten drei Filme waren durchaus schwere Dramen, nun drehen Sie Ihre erste Komödie. Wie anders ist das Arbeiten für Sie als Regisseur?

Adrian Goiginer: Es ist ganz anders. Nach den drei schweren Filmen habe ich gemerkt, wie anstrengend das war. Gerade "Der Fuchs" war thematisch echt hart. Ich habe gemerkt: Ich brauche jetzt für mich mal etwas Leichteres, was ja nicht automatisch bedeutet, dass es flach oder seicht ist. Aber es handelt halt nicht von Tod und Verderben. Und ich merke, wie viel mehr Freiheit ich als Regisseur habe. Bei den historischen Stoffen ist man doch mehr in einem Korsett, wenn man möchte, dass alles authentisch ist und stimmt. Jetzt kann ich sagen: Das finde ich cool, das will ich machen - was ich sehr genieße!

APA: Empfinden Sie sich selbst als humorvollen Menschen?

Goiginger: Puh. Wahrscheinlich schon. Zumindest schaue ich sehr gerne Komödien und Stand-ups. Ich glaube aber ehrlicherweise, dass ich selber nicht so lustig bin.

APA: Aber zumindest passiv humorvoll...

Goiginger: Genau. Und ich liebe Filme, die nicht in einem Genre picken. Ich versuche, auch für ernstere Filme leichtere Szenen zu schreiben. Und auch bei einer Komödie sollte es ernste Szenen geben. Der Wechsel ist das Wichtige.

APA: Nach Ihrem Debüt mit "Die beste aller Welten" 2017 gab es eine Pause von fünf Jahren, bis "Märzengrund" ins Kino kam. Jetzt geht es aber Schlag auf Schlag. Wie kam es dazu?

Goiginger: Der große Film nach "Die beste aller Welten", den ich geplant hatte, war "Der Fuchs". Aber das ist ein wahnsinnig aufwendiges Projekt mit großem Budget. Das mussten wir dann wegen Corona um ein Jahr schieben. Und als ich in der Pause gefragt wurde, ob ich "Märzengrund" machen möchte, habe ich den davor gemacht, auch wenn das stressig war.

APA: "Rickerl" spielt in den Beisln und Tschocherln der Hauptstadt. Welche Beziehung haben Sie als Salzburger zu diesem sehr wienerischen Biotop?

Goiginger: Die stärkste Beziehung habe ich zur Musik. Ich bin mit meinen Hippieeltern aufgewachsen, die die ganze Zeit Ambros, Danzer oder Ludwig Hirsch gehört haben. Und im Fernsehen war es der Mundl. "Ein echter Wiener geht nicht unter" habe ich als Kind geliebt! Ich liebe diese Art zu leben, zu denken, den wienerischen Schmäh. Und durch Voodoo Jürgens, den ich durch sein erstes Album kennengelernt habe, hat sich die Chance ergeben, diese leider aussterbende Welt nochmal einzufangen. Wer weiß, vielleicht kann man so einen Film in 15 Jahren gar nicht mehr machen.

APA: Die Tonalität von "Rickerl" wird also eher nostalgisch?

Goiginger: Die Nostalgie ist ein großer Faktor. Ich selber sehne mich immer ein bisschen zurück nach meiner Jugend, in der es noch keine Smartphones gegeben hat und das Internet nicht so groß war. Mich nervt dieses Immer-Vernetzt-Sein-Müssen schon ein bisschen! Ein weiteres Thema von "Rickerl" ist die Verantwortung für seinen sechsjährigen Sohn. Rickerl muss mit seinen 36 Jahren lernen, erwachsen zu werden.

APA: Wie sehr hat Voodoo Jürgens bei der Entstehung des Projekts mitgewirkt?

Goiginger: Ich habe den Voodoo Jürgens von Beginn an stark eingebunden. Wir haben uns immer ausgetauscht - auch über die Songauswahl. "Rickerl" ist ja sehr stark angelehnt an sein Leben - wenn es auch keine Biografie ist. Aber es gibt einige Parallelen.

APA: Bis auf den Nino aus Wien verzichten Sie bei "Rickerl" auf Cameo-Auftritte der großen Austropopper. Warum?

Goiginger: Musikalisch spielen die alten Austropopper eine große Rolle - von Ambros über Heinrich Walcher bis STS. Aber wir wollten nicht die ganzen Bekannten für einen Cameo haben. Ich mag das nicht, weil das so eine Geste des Herzeigens bekommt. Der Nino aus Wien als jemand derselben Generation wie Rickerl zu nehmen, das fand ich dagegen charmant. Die Größen des Austropop schweben über dem Film.

APA: "Beste aller Welten" war auch im Hinblick auf die Besucherzahlen ein Riesenhit, "Märzengrund" weniger. Sind Sie ein Künstler, dem das wurscht ist, oder schmerzt so etwas doch?

Goiginger: Natürlich wünsche ich mir, dass ein Film von mir in jeder Facetten den maximalen Anklang findet. Aber tatsächlich ist mir die Zahl der Kinobesucher das Wichtigste. Ich mache einen Film weniger für Festivals oder Kritiker. Da spielen so viele Faktoren mit. Das Wichtigste ist mir, dass die Leute ins Kino gehen und sie weitererzählen, wenn ihnen der Film gefallen hat. Ich setze mich da selber unter Druck.

APA: Sie haben bisher bei all Ihren Film das Drehbuch verfasst. Wäre es für Sie denkbar, eines Tages fremde Bücher zu verfilmen?

Goiginger: Ich habe sogar ein Projekt in der Schublade, bei dem ich ein fremdes Drehbuch verfilmen werde, worauf ich auch große Lust habe. Ich könnte mir umgekehrt auch vorstellen, einmal nur das Drehbuch für einen Film zu schreiben. Bisher hat sich das einfach anders ergeben. Aber ich bleibe offen.

(Das Gespräch führte Martin Fichter-Wöß/APA)