APA - Austria Presse Agentur

Grasser-Prozess: Richterin auf Spur des Geldes

Am 111. Tag im Grasser-Prozess hat sich Richterin Marion Hohenecker wieder auf die Spur jener 200.000 Euro gemacht, die laut Anklage vom Errichterkonsortium des Linzer Büroturms Terminal Tower über zypriotische Konten an den Ex-FPÖ-Generalsekretär Walter Meischberger geflossen sind. Den Reigen der Zeugen eröffnete am Donnerstag eine ehemalige Assistentin eines Angeklagten der Real Treuhand.

Ihre Befragung nahm eine überraschende Wende als sie in einem Nebensatz erwähnte, dass sie das Protokoll ihrer Zeugenvernehmung im Jahr 2013 nach der Befragung ausgehändigt bekommen hatte. Das wunderte Hohenecker und sie ließ sich das Schriftstück zeigen. Dabei stellte sich heraus, dass es sich um eine Kopie handelte - die sie von einem Rechtsanwalt ihres damaligen Arbeitgebers Real Treuhand gestern erhalten hatte.

Dies wiederum weckte das Interesse der Anklagebehörde. Die beiden Oberstaatsanwälte Alexander Marchart und Gerald Denk interessierten sich für dieses Treffen und wollten wissen, ob auch mögliche Inhalte der Vernehmung besprochen wurden. Ihr seien jene Unterlagen gezeigt worden, die ihr auch heute vor Gericht präsentiert wurden, so die Zeugin. Als Manfred Ainedter, Anwalt des Erstangeklagten Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, sich unter Verweis auf das Anwaltsgeheimnis gegen diese Befragung wandte und die Zeugin sich in der Situation offenbar unwohl fühlte, wurde von Hohenecker eine kurze Verhandlungsunterbrechung angeordnet.

Die Pause nutzte die Richterin dazu anzumerken, dass dies nicht das erste Mal sei, dass ein Zeuge vor seiner Aussage in der Hauptverhandlung mit einem Anwalt gesprochen habe. Vor drei Wochen war bekannt geworden, dass Grasser-Anwalt Norbert Wess mit dem Zeugen Heinrich Traumüller Kontakt hatte. Wess betonte damals, der Kontakt von Verteidigern mit Zeugen sei nicht strafbar, solange sie nicht die Aussagen der Zeugen beeinflussten.

Nachdem jener Anwalt, der die Zeugin am Mittwoch getroffen hatte, am Donnerstag im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts anwesend war und die Aussage der Zeugin mitverfolgte, wurde er von der Richterin im Anschluss an die Aussage der Zeugin umgehend selbst in den Zeugenstand gerufen. Dort verwies der Anwalt auf den Schutz des Berufsgeheimnisses und verweigerte die Aussage. Er verabschiedete sich von Hohenecker mit den Worten, "Wir sehen uns noch", was die Richterin protokollieren ließ.

Die Zeugin G., früher Assistentin eines Angeklagten von der RLB-OÖ-Tochter Real Treuhand, wurde zuvor von der Richterin zu einem Sitzungsprotokoll der Konsortialpartner des Terminal Tower vom Jahr 2007 befragt, von dem es zwei Varianten gibt. In einer Variante ist von 200.000 Euro zusätzlicher Kosten der Porr Solutions die Rede. In einer anderen Mitschrift dieser Sitzung, die ein Teilnehmer für sich verfasste, wurde "200.000 Euro Meischberger" notiert. Die Zeugin sagte aus, ihrer Erinnerung nach wurde in der Sitzung nicht über Meischberger gesprochen. Über die 200.000 Euro sei aber schon gesprochen worden, "sonst hätte ich das nicht protokolliert".

Weiters wurde die Zeugin über das Rechnungsdeckblatt der - einige Monate später - ausbezahlten 200.000 Euro-Rechnung der Porr an das Projekt befragt. Oben am Deckblatt steht in der Kopfzeile "Rg. Porr/Vereinbarung Astropolis" - obwohl dann in der Rechnung der Porr von "Strukturierung der Finanzierung" die Rede ist. Laut der Zeugin musste der Vermerk oben auf der Rechnung händisch in den Computer eingetragen worden sein, sie wisse aber nicht von wem. Die Astropolis ist die zypriotische Gesellschaft des mitangeklagten Peter Hochegger, über die Meischberger die 200.000 Euro von der Porr erhielt. Meischberger sagt aus, er habe dafür Leistungen an die Porr erbracht, allerdings nicht jene, die im Rechnungstext stehen. Laut Anklage war der Betrag Schmiergeld für Finanzminister Karl-Heinz Grasser, damit er die Einmietung der Finanz in den Linzer Terminal Tower genehmigt. Dies wiederum bestreiten alle Angeklagten.