APA - Austria Presse Agentur

Grasser-Prozess - Zahl der Schöffen schrumpfte auf fünf

Zwölf Schöffen wurden zu Beginn des Grasser-Prozesses im Dezember 2017 vereidigt, mittlerweile sind es nur noch fünf. Denn nach einem kräftigen Schwund in den ersten Monaten und einer stabilen Phase danach ist nun am Dienstag die einzig verbliebene weibliche Schöffin ausgeschieden worden. Zwei Schöffen braucht der Richtersenat unter Vorsitz von Marion Hohenecker, damit er ein Urteil fällen kann.

Die Schöffin hatte sich in der Früh entschuldigt, sie sei verhindert. Da sie laut Richterin Hohenecker aber keinen gesetzlich vorgesehener Entschuldigungsgrund hatte, habe sie die Schöffin nach einem Telefonat ausgeschieden und mit einer Ordnungsstrafe von 400 Euro belegt. Damit rückt ein Ersatzschöffe zum Hauptschöffen auf.

136 Tage dauert nun schon der Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und andere. Ein Angeklagter, Ex-Raiffeisen-Oberösterreich-Chef Ludwig Scharinger, ist mittlerweile verstorben. Richterin Hohenecker hatte zuletzt angedeutet, dass der Korruptionsprozess heuer vor dem Sommer beendet sein könnte. Verhandlungstermine sind derzeit bis Ende April festgesetzt.

Nicht nur die Schöffenbank lichtete sich etwas, auch die Reihen der Angeklagten blieben großteils leer - allerdings geplant. Denn in dieser Verhandlungswoche steht die Causa "Telekom" am Programm, sprich Zahlungen der teilstaatlichen Telekom Austria an politische Parteien. Dieser Verhandlungsgegenstand betrifft lediglich vier Angeklagte, darunter die Lobbyisten Peter Hochegger und Walter Meischberger. Weiters auf der Anklagebank saßen am Dienstag der Ex-Telekom-Vorstand Rudolf Fischer und der ehemalige Leiter der Public Affairs der Telekom und frühere ÖVP-Organisationsreferent, Michael F.

Drei Zeugen wurden zur Hochegger-Firma Valora und zur Telekom befragt. In der Valora befand sich ein "Geldtopf" - eine "externe Liquiditätsreserve", wie sie Angeklagte bezeichnen - aus dem politisch heikle Zahlungen geleistet wurden, damit sie in der Telekom-Bilanz nicht auffallen. Rudolf Fischer nannte dies "politische Landschaftspflege".

Als erster Zeuge sagte Christopher S., damals Revisionsleiter in der Telekom Austria Gruppe, aus. Er habe etwa zum Jahresanfang 2010 vom Vorstand den Auftrag bekommen, die Geschäfte der Telekom mit Hocheggers Gesellschaften zu überprüfen. Dabei sei man auf etwa vierzehn bis sechzehn Geschäfte der Telekom mit Hocheggers Valora-Gesellschaft gestoßen, die "Auffälligkeiten" aufwiesen.

Darunter war auch ein Sponsoring des SV Sierning, Fußballverein im Heimatort des damaligen ÖVP-Klubobmanns Wilhelm Molterer. Dies wurde Gegenstand eines Mail-Wechsels zwischen einer Telekom-Mitarbeiterin und dem nunmehr angeklagten Michael F. Die Telekom sponserte über den Weg der Valora die Kicker mit rund 62.000 Euro. Michael F. wurde der Mail-Wechsel vorgehalten, in dem sich die Mitarbeiterin bei F. beschwert: "Wie kommst du dazu, einen Mitarbeiter von mir zu fragen, dass er bei SV Sierning anrufen soll, damit irgendwelche Belegexemplare o. ä. nachgedruckt werden?!" heißt es in dem E-Mail mit dem Betreff: "Stopp diese Vorgangsweise". Der Angeklagte F., ehemals ÖVP-Organisationsreferent und bei der Telekom damals für Public Affairs zuständig, stellte dies heute als Missverständnis dar.

Der zweite Zeuge war der ehemalige Telekom-Manager Stefan T., der bis 2007 dort für Marketing zuständig war. Von Sponsoring an Kleinvereine wie an den Fußballverein von Sierning (OÖ) habe er nichts mitbekommen. Mit dem angeklagten Lobbyisten Walter Meischberger habe er wenig zu tun gehabt. Laut dem Zeugen sei für die Telekom nur Sponsoring von nationalen Sportereignissen bzw. Teams sinnvoll gewesen - außer es hätten besondere Gründe für etwas anderes gesprochen.

Der dritte Zeuge war der ehemalige Vertriebsleiter der Telekom, Anton S. Von Geschäften über die Valora von Hochegger habe er nichts mitbekommen. Er habe auch keinen Zugriff auf Hocheggers Gesellschaften - Hochegger.com und Valora - gehabt, um damit Projekte zu sponsern, beteuerte er. Der Zeuge S. verwies aber auch darauf, dass sich die Einstellung seit der Zeit geändert hätte: "Ich hatte insgesamt den Eindruck, dass wir zur damaligen Zeit in der österreichischen Wirtschaft eine etwas differenzierte Werteordnung zur heutigen gehabt haben", meinte er. So sei der "100-Euro-Anfütterungsparagraf" wohl auch ein Resultat der damaligen Ereignisse gewesen. "Ich hatte damals die Wahrnehmung, dass verschiedene Erwartungshaltungen von verschiedensten Seiten an uns sehr wohl artikuliert wurden."

Der Prozess wird morgen Mittwoch erst um 13 Uhr fortgesetzt, weil sich zwei Zeugen vom Vormittag entschuldigt haben. Am Nachmittag geht es um Gelder der Telekom für die ehemalige ÖVP-Telekomsprecherin Karin Hakl und für die Agentur White House GmbH, über die mit 96.000 Euro ein Jugendwahlkampf der ÖVP im Jahr 2008 finanziert wurde.