Hamas: Anführer im Libanon getötet

Trauerfeiern für getöteten Hisbollah-Chef Nasrallah
Die palästinensische Terrororganisation Hamas meldet den Tod ihres Befehlshabers im Libanon.

Fateh Sherif Abu el-Amin sei bei einem israelischen Angriff im Süden des Landes zusammen mit einigen Familienangehörigen getötet worden. Die Hamas ist mit der schiitischen Hisbollah-Miliz im Libanon verbündet. Israel führt im Gazastreifen seit fast einem Jahr Krieg gegen die Hamas und hat zuletzt auch seine Angriffe auf die Hisbollah im Libanon sowie im Jemen erheblich ausgeweitet.

Israel erhöhte den Druck auf die Hisbollah, damit diese mit ihren Angriffen aufhört und sich aus dem Grenzgebiet zurückzieht. Die israelische Armee meldete am Montag den Angriff dutzender Hisbollah-Ziele in der libanesischen Bekaa-Region. Es seien "dutzende von Abschussrampen und Gebäuden" ins Visier genommen worden, "in denen Waffen in der Bekaa-Region im Libanon gelagert wurden", erklärte die Armee. Die Schiitenmiliz gab ihrerseits am Montag den Tod ihres Kommandanten Nabil Kaouk bekannt.

Iranische Waffen und militärische Vorräte transportiert 

Außerdem bombardierten nach Angaben der israelischen Armee Dutzende Kampfflugzeuge auch im rund 1.800 Kilometer entfernten Jemen Ziele, unter anderem Kraftwerke und einen Hafen, über den die Houthi-Miliz iranische Waffen und militärische Vorräte transportiert haben soll. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig prüfen. Die Hafenstadt Hudaida wurde laut Augenzeugen von Explosionen erschüttert. Der Houthi-nahe TV-Sender Al-Masirah meldete vier Tote. Wie die Hisbollah greift auch die Houthi-Miliz Israel immer wieder an - nach eigenen Angaben aus Solidarität mit der Hamas, gegen die Israel seit fast einem Jahr Krieg führt.

Auf die Frage von Reportern, ob ein umfassender Krieg im Nahen Osten noch vermieden werden könne, antwortete US-Präsident Joe Biden: "Das muss er. Er muss wirklich vermieden werden." Er wolle mit Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu reden. Nach der Tötung von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah sind nach Einschätzung der iranischen Führung alle Optionen denkbar - auch ein noch umfassenderer Nahost-Krieg. "Alle sollten sich bewusst sein, dass die Lage äußerst explosiv und jederzeit alles möglich ist (...) auch ein Krieg", warnte Außenminister Abbas Araqchi am Sonntag.

Dreitägige Trauerfeiern

Unterdessen beginnen im Libanon am Montag dreitägige Trauerfeiern für den am Freitag durch einen gezielten israelischen Luftschlag in einem Vorort Beiruts getöteten Hisbollah-Chef. Die Schiiten-Miliz hat allerdings bisher keine Informationen über seine Beisetzung bekanntgegeben. Auch gibt es scheinbar noch keinen Nachfolger für Nasrallah.

Es wächst die Sorge, dass Israels Armee zu einer Bodenoffensive im Süden des Nachbarlandes übergehen könnte. Nach der Tötung Nasrallahs hatte Israels Armeechef Herzi Halevi am Samstag diese Möglichkeit angedeutet. Er habe Pläne für das Nordkommando der Streitkräfte gebilligt. "Herausfordernde Tage liegen vor uns", sagte er. Die israelische Armee sei "in höchster Alarmbereitschaft, sowohl in defensiver als auch offensiver Hinsicht, an allen Fronten". Sie sei gerüstet für das, was als Nächstes komme.

Experten sprechen von einer möglichen "Falle", in die Israel geraten könnte. Trotz des Todes von Nasrallah und fast der gesamten oberen Führungsebene verfüge die Hisbollah immer noch über Tausende von erfahrenen Kämpfern und ein umfangreiches Waffenarsenal, mit dem sie in ihren südlibanesischen Hochburgen auf vorbereitetem Terrain Israels Truppen erhebliche Verluste zufügen könnte, schrieb das "Wall Street Journal". Die Hisbollah könne es gar nicht abwarten, dass Israel im Südlibanon einmarschiert, zitierte die Zeitung eine frühere israelische Abgeordnete und heutige Mitarbeiterin der Denkfabrik Atlantic Council.

Eine israelische Bodenoffensive könne der Hisbollah helfen, sich wieder "aus der Asche" zu erheben und die Unterstützung der breiten libanesischen Gesellschaft wiederzugewinnen, hieß es. Israels Befehlshaber seien sich zwar der Gefahr von Bodenkämpfen bewusst, schrieb die Zeitung. Das politische Problem bestehe jedoch darin, dass Israels erklärtes Kriegsziel - die Rückkehr von 60.000 Israelis, die durch die Hisbollah-Angriffe aus Gebieten entlang der Grenze vertrieben wurden - mit Luftschlägen allein kaum zu erreichen sei.

Durch Israels Angriffe könnten im Libanon nach Angaben des geschäftsführenden Ministerpräsidenten Najib Mikati bis zu einer Million Menschen vertrieben werden. Es sei schon jetzt die größte Zahl an Vertriebenen in der Geschichte des Landes, sagte Mikati in Beirut. Im aktuellen Konflikt mit Israel könne es nur eine diplomatische Lösung geben: "Es gibt keine Wahl für uns als Diplomatie." Seit Beginn der neuen Konfrontationen wurden im Libanon nach UN-Angaben mehr als 210.000 Menschen vertrieben, unter ihnen etwa 120.000 Menschen allein im Verlauf der vergangenen Woche.

Die Zahl könnte, auch gemessen an Erfahrungen des vergangenen Kriegs mit Israel im Jahr 2006, den Vereinten Nationen zufolge aber noch deutlich höher liegen. 50.000 Syrer und Libanesen sind zudem ins benachbarte Bürgerkriegsland Syrien geflohen. Trotz der jüngsten massiven israelischen Schläge weigert sich die Hisbollah-Miliz bisher, den Beschuss Israels einzustellen, solange Israels Regierung einer Waffenruhe im Gazastreifen nicht zustimmt.

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