APA - Austria Presse Agentur

Handel meldet 15 Mrd. Euro Umsatzrückgang

Die Coronapandemie mit wochenlangen Lockdowns hat viele Bereiche des Handels hart getroffen. Der nominelle Umsatz im Einzel-, Groß- und Kfz-Handel ging von Jänner bis November 2020 um 15 Mrd. Euro oder 5,6 Prozent zurück. Besonders stark gingen die Erlöse im Gesamtjahr 2020 bei Bekleidung (-25 Prozent), Spielwaren (-20 Prozent) und Schuhe (-17 Prozent) zurück. Umsatz-Krisengewinner sind Händler im Bereich Online (+17 Prozent), Lebensmittel (+9 Prozent) und Möbel (+5 Prozent).

Im gesamten Einzelhandel gab es 2020 ein nominelles Erlösplus von 0,1 Prozent, von Jänner bis November wurde im Großhandel um 7,2 Prozent und in der Kfz-Wirtschaft um 11,6 Prozent weniger eingenommen. Die Zahlen basieren auf vorläufigen Daten der Statistik Austria und wurden vom Economica-Institut im Auftrag der Wirtschaftskammer WKÖ analysiert. "Die Krise hat mit wenigen Ausnahmen alle Handelssektoren schwer getroffen", sagte WKÖ-Handelsobman Rainer Trefelik am Freitag bei einer Online-Pressekonferenz. "Der Durchschnittswert bildet nicht die reale Situation ab." Man müsse tiefer in die Branchen hineinschauen, auch regional.

Die als wichtige Frequenzbringer für den Einzelhandel geltende Gastronomie und Hotellerie fiel lockdownbedingt auch für längere Zeit aus. Dem Lebensmittelgroßhandel fehlten zudem die Tourismusbetriebe als Kunden. Der WKÖ-Handelsobmann verwies auch auf die unterschiedliche Betroffenheit innerhalb von einzelnen Branchen, etwa im Sportartikelhandel. Das Geschäft in Ostösterreich und in Ballungszentren sei im Gegensatz zu Wintersportgebieten viel besser gelaufen, sagte Trefelik. Unter anderem bei Fahrrädern habe es einen Boom gegeben. Der Spielwarenfachhandel litt laut dem Handelsobmann unter der Konkurrenz von Online-Händlern und Supermarkt- und Drogeriemarktketten, die im Lockdown auch Spielwaren verkauften.

In der Coronakrise haben die Menschen in Österreich ihre Konsumausgaben zurückgefahren, die Sparquote hat sich verdoppelt. "Durch die harten Lockdowns waren bestimmte Einkäufe und Reisen nicht möglich", sagte Peter Voithofer vom Economica Institut für Wirtschaftsforschung. Durch die hohe Sparquote gebe es aber Potenzial für zukünftigen Konsum. Die unterschiedliche Umsatzentwicklung im Handel aufgrund der Coronapandemie ist für Voithofer eine einmalige Ausnahmeerscheinung. "Das werden wir kaum jemals wieder sehen."

Die Corona- Wirtschaftshilfen, Steuer- und Abgabenstundungen sowie die Kurzarbeit haben in der Handelsbranche bisher eine Pleitewelle und einen großen Jobabbau verhindert. Die Beschäftigung ging 2020 im Vergleich zum Jahr davor um 0,9 Prozent zurück. Aktuell beschäftigt der Handel rund 550.00 Mitarbeiter in Voll- oder Teilzeit und weitere 50.000 Personen auf geringfügiger Basis.

WKÖ-Handelsobmann Trelefik erwartet nicht eine große Insolvenzwelle im Handel. Mit den Hilfen sei ein Netz gespannt worden, mit dem eine Bewältigung der Krise möglich sein sollte. "Jede Insolvenz ist aber eine zu viel", so der Branchenvertreter. Einige Händler - etwa im Modebereich - hätten schon vor der Coronakrise betriebswirtschaftliche Probleme gehabt. "Wie schnell sich der Handel im laufenden Jahr erholen wird, hängt maßgeblich auch vom weiteren Verlauf der Covid-19-Infektionen und den damit verbundenen Maßnahmen ab", sagte Trefelik. Handelsforscher Voithofer erwartet einen Anstieg bei den Insolvenzen, "aber nicht eine abrupte, große Welle". Er rechnet mit einem stärkeren Anstieg der Unternehmensschließungen ohne Insolvenz.

Die Geschäftsführerin der WKÖ-Bundessparte Handel, Iris Thalbauer, forderte erneut gleiche Wettbewerbsbedingungen für den heimischen Handel im Hinblick auf ausländische Online-Anbieter. "Es geht uns hier um eine faire Besteuerung und gleiche Bedingungen im Abgabenrecht", so Thalbauer.

Auch der Handelsverband meldet sich am Freitag zu Wort. Die Branchenvertreter fordern von der Regierung einen Corona-Masterplan mit folgenden drei Schwerpunkten: Absicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, Verhinderung von Insolvenzen und Eigenkapitalstärkung sowie stärkere Digitalisierung und "digitales Fair Play" mit Online-Riesen. "Flankierend dazu braucht es einen befristeten Covid-Arbeitsplatzsicherungs-Bonus für die Zeit nach dem Ende der Kurzarbeit, um Jobs dauerhaft zu sichern", so Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.