APA - Austria Presse Agentur

Handelsvertreter warnen vor wirtschaftlichen Langzeitfolgen

Die Coronakrise mit monatelangen Lockdowns hat große Teile der heimischen Handelsbranche wirtschaftlich sehr hart getroffen. "Hunderttausende Jobs stehen auf der Kippe", warnte Handelsverband-Präsident Stephan Mayer-Heinisch am Dienstag bei einer Online-Veranstaltung des Interessenverbandes. Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) sieht den Handel nach Ende der Lockdowns wieder im Aufwind.

Die Handelsbranche hat große Bedeutung für den heimischen Arbeitsmarkt. Rund 600.000 der 3,68 Millionen unselbstständig Beschäftigten in Österreich arbeiten im Einzel-, Groß- und Kfz-Handel. Ende März waren knapp 64.000 Menschen auf Jobsuche, die zuvor im Handel gearbeitet hatten.

Der Handelsverband-Präsident appellierte an die Politik, die Wirtschaftshilfen noch schneller und unbürokratischer auszuzahlen. Bald seien wegen des Urlaubsgeldes wieder doppelte Gehälter fällig. Vor allem die von der Coronakrise besonders betroffenen Betriebe im Bereich Mode-, Schuh- und Schmuckhandel würden dringend Liquidität benötigen. Außerdem forderte Mayer-Heinisch "eine klare Strategie" bei den Öffnungen in den nächsten Monaten und bei der Kurzarbeit. "Wir brauchen für unsere 600.000 Mitarbeiter Planungssicherheit. Langfristig kann man nicht im Nebel fliegen", sagte der Handelsverband-Präsident. Erneut fordert er eine Digitalsteuer, um die Steuerfairness zwischen heimischen Händlern und internationalen Online-Konzernen herzustellen.

Arbeitsminister Kocher verwies beim Online-Handelskolloquium des Handelsverbands auf die stark gestiegene Sparquote in Österreich und einen Konsumstau. Wegen gesperrten Geschäften, Gastronomie- und Hotelleriebetrieben hätten die heimischen Verbraucher deutlich weniger konsumiert. "Das wird sich irgendwann auflösen. Der Konsum wird ansteigen", sagte Kocher. Der erwartete Anstieg der Konsumausgaben werde sich positiv auf Gastronomie, Handel und Tourismus auswirken.

Online-Konzerne wie Amazon, Zalando & Co sind die großen Profiteure der Coronakrise. Wegen coronabedingt geschlossenen Geschäften kauften viele Konsumenten gerne bei großen Internethändlern ein. Der Chef des niederösterreichischen Tee- und Gewürzspezialisten Sonnentor, Johannes Gutmann, empfiehlt anderen Unternehmen, im Kampf gegen Internetkonzerne auf authentische Geschichten und Werte zu setzen. "Das kann dir keiner wegnehmen." Bei der Gründung von Sonnnentor im Jahr 1988 hatte er wenig Geld, aber eine Vision und ein Leitbild. "Die Geschichten haben uns weiter gebracht", sagte Gutmann. Die Zukunft des stationären Handels liege "in der Emotion". Die Co-Gründerin und Chefin des Vereins "Female Factor", Mahdis Gharaei, appellierte an die Händler, weibliche Führungskräfte und Mitarbeiterinnen stärker zu fördern. Die Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt könne man nicht wegdiskutieren.