APA - Austria Presse Agentur

Heimische Behörden nehmen Coronavirus-Lage in Italien "sehr ernst"

Der rasche Anstieg der Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus in Italien wird von den heimischen Sicherheitsbehörden "sehr ernst" genommen, es gebe aber "keinen Grund zur Panik", betonte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Sonntag: "Wir sind gut gerüstet in Österreich."

Hierzulande gibt es nach 181 negativ getesteten Verdachtsfällen weiterhin keinen bestätigten Fall.

Der Ressortchef ließ sich im Einsatz- und Koordinationscenter (EKC) im Innenministerium über die aktuelle Situation unterrichten. "Wir sind gut vorbereitet auf alle Entwicklungen, die möglich sind", bilanzierte er danach vor Journalisten. Die italienischen Behörden würden mit Hochdruck an Schutzmaßnahmen arbeiten. "Wir sind in enger Abstimmung, auch mit den Verbindungsbeamten vor Ort, um allfällige Koordinierungsmaßnahmen rasch gemeinsam mit Italien durchführen zu können."

"Die Lage in Italien nehmen wir hier sehr ernst, auch als Sicherheitsbehörde. Im Umgang in einem Krisenfall wie diesem hat das Gesundheitsministerium die inhaltliche Führung. Die Polizei sichert alle notwendigen Maßnahmen, wenn nötig auch mit Zwangsmaßnahmen", so der Innenminister.

Vor Italien stand auch schon in Deutschland, vor allem mit einem Ausbruch im Jänner in Bayern, SARS-CoV-2 praktisch "vor der Haustür". Nunmehr gehe es vor allem um die "auffällige" Fallzahl, sagte Nehammer. "Weil sich die Lage in Italien derzeit dynamisch entwickelt, ist es wichtig, da auch sofort die gleichen Sorgfaltsmaßnahmen einzuleiten, die wir auch gegenüber Bayern geleistet haben."

Zur von Italien aus von verschiedenen Stellen bereits erhobenen Forderung nach Schließung der Grenzen im Stiefelstaat verwies Nehammer auf die Einschätzung der Experten, die auch am Montag wieder unter Beteiligung des Gesundheitsministeriums und Ländervertretern im BMI zum Einsatzstab zusammentreten und die neuesten Entwicklungen abwägen werden. Grundsätzlich wäre ein solcher Schritt "sehr rasch umzusetzen". Binnen Minuten bzw. binnen einer Stunde könnten Grenzkontrollen "hochgefahren werden", erläuterte Franz Lang, Leiter des Bundeskriminalamts (BK) - abhängig davon, welche Maßnahmen, vor allem gesundheitsspezifischer Natur, man durchführen wolle.

"Wenn aufgrund dieser Gefahrenlage die Grenzen geschlossen und Grenzkontrollen eingeführt werden, dann ist die spannende Frage, wie man das tut, welche gesundheitsbezogenen Maßnahmen führt man an der Grenze durch, ähnlich wie beim Flughafen zum Beispiel oder müssen wir spezifische Maßnahmen ergreifen. Das alles wird schon seit einiger Zeit beraten", sagte Lang.

Grundsätzlich müssten "beim ersten Auftreten einer erkrankten Person" in Österreich gleichzeitig "die Maßnahmen nach vorne" erfolgen - mit funktionierender medizinischer Versorgungskette ab der ersten Minute, Quarantäne etc. sowie "die Maßnahmen nach hinten" - die genaue Abklärung, wie der Reiseweg verlief, welche Kontaktpersonen und Kontaminationsquellen es geben könnte, usw. Beides müsse gleich präzise erfolgen, um eine mögliche Ausbreitungsgefahr einzuschätzen, erklärte Lang.

Im Einsatzstab am Montag wird "über die Entwicklung beraten und darüber, welche neuen Maßnahmen unter Umständen zu setzen sind. Es werden auch immer wieder Lagen durchgespielt, sollte es tatsächlich einmal in Österreich einen bestätigten Fall geben", so Nehammer.

Der Innenminister gab überdies bekannt, dass am Sonntag ein Transportflieger mit Hilfsgütern vom Flughafen Wien in Schwechat gestartet ist. Die Maschine soll rund 50 Tonnen medizinisches Material in die von der SARS-CoV-2-Epidemie hauptbetroffene chinesische Stadt Wuhan bringen, darunter 100.000 Chirurgenmasken, 2,3 Millionen Einmalhandschuhe, Schutzanzüge und Desinfektionsmittel. Die Hilfslieferung wurde vom BMI mit Außenministerium, Land Salzburg und Rotem Kreuz und gemeinsam mit den Ländern Ungarn, Tschechien und Slowenien auf die Beine gestellt.

Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) rät der Bevölkerung derzeit davon ab, Reisen nach Italien zu unternehmen. Wenn es nicht notwendig sei, sollte man die betroffenen Regionen meiden, sagte Kaiser am Sonntag bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz in Klagenfurt. Welche Auswirkungen die Ausrufung des Notstands in Friaul-Julisch Venetien haben wird, sei derzeit unklar.

Er stehe in engem Kontakt mit den Präsidenten der Nachbarregionen Friaul-Julisch Venetien und Veneto, sagte Kaiser. Am Montag werde man eine Telefonkonferenz mit dem zuständigen Politiker in Friaul durchführen, um konkrete Informationen einzuholen. Er rechne damit, dass die Maßnahmen vorerst strenger ausfallen dürften, angesichts der Inkubationszeit werde es später aber wohl eine Lockerung geben.

Kaiser rät jedenfalls zu Besonnenheit: "Das Wichtigste ist jetzt, Ruhe zu bewahren und nicht in Hysterie zu verfallen." Wer in den vergangenen Tagen in den betroffenen Gebieten gewesen sei, sollte auf seinen Gesundheitszustand achten. Sollte es Krankheitssymptome geben, sei es das Beste, den Hausarzt zu kontaktieren, sagte Gesundheitsreferentin Beate Prettner (SPÖ) und fügte hinzu: "Wer in Italien gewesen ist, gilt noch nicht als Verdachtsfall."

Das Land Kärnten steht laut Kaiser und Prettner in ständigem Austausch mit dem Gesundheitsministerium. Die Zusammenarbeit mit Minister Rudi Anschober (Grüne) funktioniere hervorragend, der Informationsfluss sei ausgezeichnet. Wichtig sei es, dass alle Maßnahmen koordiniert ablaufen, sowohl auf regionaler als auch auf nationaler und europäischer Ebene, betonten die Politiker. Irgendwelche Alleingänge Kärntens werde es jedenfalls nicht geben.

In Kärnten gebe es derzeit weder eine Erkrankung mit dem Coronavirus noch einen Verdachtsfall, sagte Prettner. Zwei Kärntner, die nach ihrer Rückkehr aus China zuhause in Quarantäne sind, werden laut Landessanitätsdirektor Heimo Wallenko "heute oder spätestens morgen" aus der Quarantäne entlassen. Beide hätten keinerlei Krankheitssymptome, sämtliche Tests seien negativ verlaufen.