Brisante Pilnacek-Aufnahme mit Vorwürfen gegen ÖVP
In dem Gespräch, das auszugsweise als Transkript kursiert, behauptet Pilnacek, Interventionen der ÖVP in laufende Ermittlungen abgewehrt zu haben. Die ÖVP ortete gegenüber der APA "KGB-Methoden".
Gespräch wurde ohne Pilnaceks Wissen aufgenommen
Das Gespräch soll Ende Juli bei einer abendlichen Runde im Wirtshaus ohne Pilnaceks Wissen aufgenommen worden sein. Die Tonaufnahme, die dem ORF, der "Kronen Zeitung" und dem "Standard" vorliegt, soll angeblich ein längeres Gespräch beinhalten, allerdings offenbar zusammengeschnitten. Als Abschrift, in die die APA Einsicht nehmen konnte, kursierte nur ein kurzer Ausschnitt. "Man verlangt, dass ich Ermittlungen einstelle. Das kann ich nicht, das mache ich nicht", wird Pilnacek darin etwa laut "Falter" zitiert. "Da kamen ÖVP-Minister, selbst als eine Hausdurchsuchung bei der ÖVP schon stattgefunden hat, kam man zu mir und fragte, warum drehe ich das nicht ab?" Er habe immer gesagt, "ich kann es nicht, ich mach es nicht, ich will es nicht".
Als er nach Unterstützung gefragt habe, habe er als Antwort gehört, "du warst ja nie bei uns" und "du hast ja nie verhindert, dass eine Hausdurchsuchung bei uns stattfindet". Er habe kein einziges Verfahren beeinflusst, sagt Pilnacek. "Die ÖVP hat mir das zum persönlichen Vorwurf gemacht und gesagt, 'du lässt deine Staatsanwälte gegen uns arbeiten'." Namentlich nennt Pilnacek den früheren Innenminister und derzeitigen Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP): "In jedem Gespräch sagt Sobotka, 'du hast selber versagt, du hast es nie abgedreht'. Aber das geht nicht und ich mache es nicht. Wir leben in einem Rechtsstaat".
Sobotka habe mit Pilnacek nie zu laufenden Verfahren, Ermittlungen oder Sicherstellungsanordnungen gesprochen, so ein Sprecher des Nationalratspräsidenten gegenüber dem "Standard" (online). "Wenn ein erst kürzlich, unter tragischen Umständen, verstorbener Mensch nun in die Öffentlichkeit gezerrt werden soll, um politisches Kleingeld zu schlagen, dann werden wir uns an einem solch pietätlosen Akt nicht beteiligen", betonte man weiters. Das "rücksichtslose Instrumentalisieren eines Menschen, der sich heute nicht mehr erklären kann, ist ein absoluter Tiefpunkt der politischen Kultur in unserem Land".
ÖVP-Bundespartei reagierte mit Stellungnahme
"Der Wahlkampf wirft bereits seine Schatten voraus", reagierte auch die ÖVP-Bundespartei unverzüglich mit einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der APA. "Mittels eines Tonbands wird nun sogar das Andenken an einen Toten missbraucht und instrumentalisiert", kritisierte Generalsekretär Christian Stocker. "Christian Pilnacek ist erst vor einigen Wochen unter tragischen Umständen ums Leben gekommen. Ich bin offen gestanden sprachlos, dass seine Person nun dafür herhalten muss, politisches Kleingeld zu schlagen und die Skandalisierungskampagne der SPÖ und FPÖ voranzutreiben." Die Hintergründe zu dem Tonband und "den Methoden, die an den russischen Geheimdienst erinnern", müssten aufgeklärt werden, forderte Stocker. "Wer es aufgezeichnet hat, was das Motiv ist, wer hinter diesen KGB-Methoden steckt."
Inhaltlich verwies Stocker darauf, dass Pilnacek in Untersuchungsausschüssen im Parlament unter Wahrheitspflicht etwas anderes ausgesagt habe als bei dem heimlich aufgezeichneten Gespräch. So habe Pilnacek 2020 auf die Frage, ob es irgendjemanden gegeben habe, der ihn jemals darauf angesprochen habe, ein Auge auf ein Verfahren zu werfen, deutlich mit "nein" geantwortet. Im Jahr 2022 habe Pilnacek auf die Frage, ob es konkrete Behinderungen der Ermittlungen gegeben habe, geantwortet, "wenn Sie mich über konkrete Behinderungen fragen: nein", außerdem habe er, "wo ich die Fachaufsicht hatte, keine Wahrnehmungen über politische Beeinflussungen" gehabt.
Vorwürfe gegen Vertreter der Volkspartei "zerplatzen" regelmäßig "wie eine Seifenblase", ist Stocker überzeugt. "Außer falsche Vorverurteilungen bleibt nichts übrig."
Pilnacek ist vor wenigen Wochen im Alter von 60 Jahren verstorben. Das Obduktionsergebnis steht noch aus. Der zuletzt suspendierte Sektionschef des Justizministeriums galt über lange Jahre neben dem jeweiligen Minister als mächtigster Mann im Justizministerium. Unter Türkis-Blau avancierte er zum Generalsekretär. Diverse Vorwürfe, unter anderem wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses, führten später zu seiner Suspendierung und mehreren Verfahren. Im einzigen bisher abgeschlossenen Prozess wurde er freigesprochen.
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