APA - Austria Presse Agentur

Hochspannung vor Urteilsverkündung im Grasser-Prozess

Im Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und weitere 13 Angeklagte wird nach dreijähriger Hauptverhandlung am Freitag ein Urteil gesprochen. Richterin Marion Hohenecker wird als Vorsitzende des Schöffensenats das Urteil verkünden, was wegen des großen Umfangs des Prozesses wohl mehrere Stunden lang dauern wird. Insgesamt 14 Angeklagte und drei Anklagen wird der Urteilsspruch des Schöffensenats behandeln.

Dem Erstangeklagten Grasser drohen bis zu zehn Jahre Haft. Die Anklage der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wirft dem Finanzminister in zwei Regierungen von Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel vor, er habe bei der Bundeswohnungsprivatisierung im Jahr 2004 Untreue begangen und sich bestechen lassen. Weiters soll er bei der Einmietung der Finanzbehörden in das Linzer Bürohaus Terminal Tower Bestechungsgeld bekommen haben. Es geht bei der Buwog-Privatisierung um eine Provision von 9,6 Mio. Euro, beim Linzer Bürohaus sollen 200.000 Euro geflossen sein. Das Geld soll laut Anklage zwischen Grasser und seinen Mittätern aufgeteilt worden sein.

Grasser und die Mitangeklagten Walter Meischberger und Ernst Plech - seit längerer Zeit aus gesundheitlichen Gründen verhandlungsunfähig - weisen die Vorwürfe zurück und werfen den Anklägern Parteilichkeit und Gesetzesverletzung vor. Die Belastungszeugen bezichtigen sie der Lüge. Der mitangeklagte Ex-Lobbyist Peter Hochegger hat zu Prozessbeginn ein Teilgeständnis abgelegt und belastet damit die übrigen Angeklagten.

Im fast genau drei Jahre lang dauernden Prozess wurde die Frage ausführlich untersucht, ob bei der Bundeswohnungsprivatisierung geheime Informationen von Grasser über Meischberger und Hochegger an die letztlich siegreichen Bieter Immofinanz und RLB OÖ flossen. Grasser und Meischberger dementieren das entschieden. Mittels eines Tipps von Hochegger und Meischberger überboten Immofinanz/RLB OÖ die mitbietende CA Immo knapp um eine Million und gewannen mit 961 Mio. Euro den Zuschlag für die Bundeswohnungen. Meischberger gab an, die entscheidenden Informationen vom - mittlerweile verstorbenen - Ex-FPÖ-Chef und Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider bekommen zu haben.

Weiters wurden auch Anklagen zur Causa Telekom-Parteienfinanzierung sowie ein Betrugsvorwurf rund um Meischbergers Villa in den Prozess aufgenommen. Auch darüber wird am Freitag geurteilt. Der Prozess begann am 12. Dezember 2017 und dauerte 168 Tage. Coronabedingt wurde im Lockdown im heurigen Frühjahr eine längere Pause eingelegt.

Wegen des großen Andrangs hat das Wiener Straflandesgericht Platzkarten an die Medienvertreter vergeben. Der Große Schwurgerichtssaal ist schon seit einiger Zeit coronagerecht mit Plexiglastrennscheiben und Desinfektionsmittelspendern ausgestattet.