In Salzburg werden Hoffmanns Erzählungen zu Hoffmanns Filmen

Ein Blick hinter die Kulissen: "Les contes d'Hoffmann" in Salzburg
Am Ende waren es eher "Hoffmanns Verfilmungen" als "Hoffmanns Erzählungen", die der Bühne des Großen Festspielhauses in Salzburg zu sehen waren.

Nun ist die Idee, Opernsujets im Setting eines Filmdrehs zu verorten, nicht mehr besonders originell und wurde im Vorjahr etwa beim Salzburger "Falstaff" oder der St. Margarethener "Carmen" vorexerziert. Und doch gelingen der Salzburg-Debütantin einige sinnige neue Blicke auf die Offenbach-Oper.

Clément positioniert den dem Alkohol zugeneigten Dichter Hoffmann, der seinen Saufkumpanen die Geschichten seiner drei großen Lieben erzählt, um ein Filmset herum. Während der erste Akt noch hinter der Kulisse eines Drehs spielt und Lutters Weinstube zum Catering für die Mitarbeitenden mutiert, ist der Olympia-Akt im Stile von Hollywood der späten 60er gehalten und strotzt vor "Barbarella"-Zitaten - explodierender Stahl-BH inklusive. Der Antonia-Akt ist dann als konventionelles Familiendrama des Fin de Siècle gehalten, während der Giulietta-Akt sich größere Freiheiten nimmt.

Nicht alle Regieeinfälle der Französin Clément sind zwingend, nicht alles ist stringent - aber die Einfälle sind immerhin stets vorhanden. Es sind die Details, die dem Skelett einer Strukturidee Fleisch verleihen, wenn etwa ein Bildnis von Stella beinahe unmerklich auf der feuchten Wand erscheint, die berühmte Kleinzack-Arie durch ein projiziertes Storyboard untermalt wird oder flugs ein im Stehen vorgehaltenes Leintuch samt aufgenähten Kissen zu einer Bettszene führt.

Zahlreiche Details gingen nicht auf

Die vielen Details ergeben am Ende nur bedingt ein homogenes Ganzes, was bei den episodischen "Les contes d'Hoffmann" aber stets eine Herausforderung darstellt. Schließlich ist die Geschichte des 1881, nach dem Tod Jacques Offenbachs, uraufgeführten Werks, stets geprägt gewesen von Kürzungen, Änderungen und Neuinterpretationen.

Cléments Deutung wurde vom Premierenpublikum der Salzburger Festspiele jedenfalls ambivalent aufgenommen und mit Buhs und Jubel bedacht. Einhelligen Zuspruch erhielt indes Benjamin Bernheim in der Titelpartie. Die stimmlichen Qualitäten des Franzosen, mit denen sich der 39-Jährige mittlerweile zu einem der führenden Tenöre seines Fachs gesungen hat, stehen außer Zweifel. Die schauspielerischen Fähigkeiten stehen der Stimme aber nach, und so stoffelt sein Hoffmann meist wie eine Figur von Aki Kaurismäki durch eine Szenerie, in der die Regie die Figur des Hoffmann ohnedies immer wieder zur Nebenfigur degradiert.

Performance der Sänger:innen

Die Charismakonkurrenz ist allerdings hoch, darf sich die US-Amerikanerin Kathryn Lewek mit überraschend dramatischem Koloratursopran durch die vier Angebeteten Hoffmanns singen, während diesem Kate Lindsey mit ihrem gutturalen Mezzo als vollklingende Muse zur Seite steht. Und der US-Bassbariton Christian Van Horn nutzt nach einem etwas klischeehaften Auftakt als Nemesis Lindorf (Warum werden zwielichtige Männer auf der Opernbühne eigentlich meist wie Hannes Kartnig gestylt?) die Chance, in den weiteren Verkörperungen als Hüne zu glänzen.

Marc Minkowski schließlich führt die Wiener Philharmoniker eher gemächlich durch diesen französischen Abend im Hollywood-Stil. Zwischen Bühne und Orchester ruckelt es dabei immer wieder, Finesse in der Interpretation sucht man vergebens. Dabei handelt es sich hierbei eben doch nicht um Filmmusik, die hinter den Bildern verschwinden soll.

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